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Überblick zum neuen Kaufrecht 2022 – Teil 1

Überblick zum neuen Kaufrecht 2022 – Teil 1 Der neue Sachmangelbegriff

Hinweis:

In der losen Beitragsreihe „Überblick zum neuen Kaufrecht 2022“ stellt der Autor die aus seiner Sicht wichtigsten Änderungen des BGB als reinen informatorischen Überblick vor, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten sind. Ein Anspruch auf Vollständigkeit aller Neuregelungen besteht daher nicht. Hintergrund der Neuregelungen sind Richtlinien der EU.

Basis eines jeden Gewährleistungsanspruchs bei einem Kaufvertrag ist neben einem Rechtsmangel der in Praxis weitaus häufiger vorkommende Sachmangel.

Dieser ist in § 434 BGB geregelt und seit dem 1. Januar 2022 grundlegend in der Anwendungsweise und zum Teil auch den inhaltlichen Voraussetzungen neu strukturiert.

Für Kaufverträge, die bis zum 31.12.Dezember 2021, 24 Uhr geschlossen wurden, galt immer, dass eine Vereinbarung von Beschaffenheiten den Vorrang vor den anderen Mangelbegriffen hatte.

Dies hat sich zum 1.Januar 2022 geändert.

Nunmehr gilt, dass nach § 434 I BGB, dass die Kaufsache frei von Sachmängeln ist, wenn sie bei Gefahrübergang

  • den subjektiven Anforderungen,
  • den objektiven Anforderungen und
  • den Montageanforderungen entspricht.

Die Voraussetzungen müssen nicht alternativ, sondern kumulativ vorliegen. Dies bedeutet zugleich, dass die Anforderungen für Unternehmer:innen im Falle der Geltendmachung eines Gewährleistungsanspruchs gestiegen sind, da alle drei genannten Voraussetzungen, sofern bei den Montageanforderungen im konkreten Vertrag anwendbar, erfüllt sein müssen.

A. Subjektive Anforderungen

§ 434 II BGB regelt dann, wann die Sache den subjektiven Anforderungen entspricht.

1. Vereinbarte Beschaffenheit, § 434 II 1 Nr.1 BGB

Wie das Wort „Vereinbarung“ schon sagt, kommt es auf den Inhalt des Kaufvertrages an und ob dieser eine Pflicht des Verkäufers enthält, die durch den Käufer gekaufte Sache in einem bestimmten Zustand an den Käufer zu übergeben und zu übereignen.

Hilfe findet der Verkäufer hinsichtlich der Frage, was eine „Beschaffenheit“ der Sache sein kann, in § 434 II 2 BGB.

Dort heißt es:

„Zu der Beschaffenheit … gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.“

2. Eignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung, § 434 II 1. Nr.2 BGB

Auch hier wird an den konkreten Vertrag angeknüpft und deren Inhalt. Die Verwendung ist gleichbedeutend mit dem Zweck des Einsatzes der konkreten Kaufsache.

3. Übergabe mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, § 434 II 1 Nr.3 BGB

Auch hier ist darauf zu achten, dass eine Vereinbarung Grundlage ist, damit die Sache dieser objektiven Anforderung entspricht.

B. Subjektive Anforderungen

§ 434 III BGB regelt dann, wann die Sache den objektiven Anforderungen entspricht.

1. Eignung zur gewöhnlichen Verwendung, § 434 III 1 Nr.1 BGB

Hier wird auf die allgemeinen Standards bz. Gepflogenheiten abgestellt, die der konkreten Sache innewohnen können. Diese müssen erfüllt sein.

2. Übliche Beschaffenheit, die der Käufer erwarten darf, § 434 III 1 Nr.2 BGB

Die Sache muss eine übliche Beschaffenheit aufweisen. Hilfe beim Verständnis und Anwendung des Begriffs bietet dann § 434 III 2 BGB. Dieser lautet:

„Zu der üblichen Beschaffenheit…gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit.“

Die ebenfalls relevante Erwartung des Käufers wird in den § 434 III 1 Nr. 2 a.) und b.) BGB dargelegt:

Neben der Art der Sache spielen „öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben“ werden, eine große Rolle. Jede Werbemaßnahme, die eine Erwartung des Käufers zu einer bestimmten Anforderung der Sache begründet, kann im Nachhinein zu einem möglichen Sachmangel und damit Gewährleistungsfall führen.

3. Entsprechung der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, § 434 III 1 Nr.3 BGB

Dies ist relevant, wenn eine Probe oder Muster zur Verfügung gestellt wurde.

4. Übergabe mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen, deren Erhalt der Käufer erwarten kann, § 434 III 1 Nr.4 BGB

Dies ist relevant, wenn die Erwartung des Käufers sich aus der konkreten Sache, die Grund des Abschlusses des Kaufvertrages ist, ergibt.

C. Montaganforderungen

§ 434 IVBGB regelt dann, wann die Sache den Montageanforderungen entspricht.

Sachmangelfreiheit liegt vot, wenn:

  • Sache entspricht den Montageanforderungen, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt worden ist, § 434 IV 1 BGB, oder
  • zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht, § 434 IV 2 BGB

Es ist aber Voraussetzung, dass Kaufvertrag eine Montageverpflichtung vorsieht /Montage durchzuführen ist.

D. Fazit

Der neue Sachmangelbegriff stellt Unternehmer:innen vor neue Herausforderungen und setzt die Umsetzung der Neuregelungen sowie die Kenntnis aller mit Gewährleistungsfällen betrauten Beschäftigten voraus.

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