Negative Äußerungen über Produkte & das UWG – Ob eine unzulässige geschäftliche Handlung vorliegt oder nicht, ist immer eine Betrachtung des Einzelfalls und bei Aussagen von deren Inhalt.
So hatte das OLG Frankfurt am Main im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zu bewerten, ob eine Darstellung mit der Überschrift „Wettbewerbswidrige Schrottbücher übernehmen den Ratgebermarkt“ wegen dieser Wortwahl eine unzulässige geschäftliche Handlung. Gestritten hatten sich Autoren, Vertreiber und Verleger von Büchern zur Persönlichkeitsentwicklung. Genannte wurden in der Darstellung aber keine konkreten anderen Produkte oder Mitbewerber.
Das Gericht hat mit seinem Beschluss vom 11. März 2022 (Az.: 6 W 14/22) die Beschwerde des antragstellenden Mitbewerbers gegen die erstinstanzliche Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Einen Unterlassungsanspruch sahen die Richter nicht.
Negative Äußerungen über Produkte & das UWG – Ansicht des Gerichts bezogen auf den Streitfall
Die Richter sahen keine Herabsetzung in der Aussage, die einen Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr.1 UWG rechtfertigen könnte.
Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Die angegriffenen Äußerungen sind vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG erfasst. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht um substanzarme Äußerungen. Vielmehr hat der Antragsgegner in dem verlinkten Online-Artikel – der in der A-Veröffentlichung ausdrücklich in Bezug genommen wird und dessen Ankündigung die Veröffentlichung diente – ausführlich seine Auffassung erörtert und mit Tatsachen fundiert. Der Antragsgegner hat insbesondere den Begriff des „Schrottbuches“ näher erläutert und auch näher ausgeführt, worin die „Sabotage“ bestand, die er erwähnt hatte. Der Antragsgegner hat hier ausführlich von mehreren Droh-E-Mails berichtet und diese zitiert sowie dargelegt, dass auch andere Rezensenten entsprechenden Angriffen ausgesetzt waren.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass bei werblichen Äußerungen über Themen von erhöhter gesellschaftlicher, politischer oder sozialer Bedeutung, die zum geistigen Meinungskampf in der Öffentlichkeit anregen sollen, der Nachweis einer Gefährdung des an der Leistung orientierten Wettbewerbs besonderen Anforderungen unterliegt (BVerfG GRUR 2003, 442 – Benetton-Werbung). Das Landgericht hat zu Recht berücksichtigt, dass der Antragsgegner ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit befriedigt, in dem er auf mutmaßliche Missstände auf der Amazon-Plattform hinweist, die mit gefälschten Bewertungen und algorithmusgesteuerten Empfehlungen einhergehen. Dies gilt erst recht, wenn durch die vom Antragsgegner dargestellten Versuche Druck auf diejenigen ausgeübt werden soll, die negative Bewertungen abgegeben haben.
Dass die Begriffe wie „Lügner“ und „Saboteure“ wegen des angefügten Sachbezuges keine Schmähkritik darstellen, hat das Landgericht überzeugend dargelegt.
Ganz erheblich zu Gunsten des Antragsgegners ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass weder über die Antragstellerin noch über einen anderen Wettbewerber identifizierend berichtet wird. Bei dieser Art der Berichterstattung wird das Interesse eines Mitbewerbers erheblich weniger beeinträchtig, als wenn er durch die Herabsetzung individuell identifiziert wird. Zudem schützt § 4 Nr. 1 UWG zwar nicht unmittelbar das Unternehmenspersönlichkeitsrecht, doch sind die Schutzinteressen so eng verwandt, dass ebenso wie im Persönlichkeitsrecht die Erkennbarkeit des betroffenen Individuums zumindest erhebliche Berücksichtigung finden muss (vgl. Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 7 Rn 1/10; Fezer/Nordemann §§ 4-7 Rn 33).
Demgegenüber weist die Antragstellerin zwar zu Recht darauf hin, dass die Formulierungen des Antragsgegners durchaus als scharf zu werten sind; sie stehen aber in einem erläuternden Kontext. Zudem ist dies in der Gesamtabwägung nicht geeignet, eine Herabsetzung im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG zu begründen….“