Zugangsprobleme bei Abmahnung per E-Mail – Das OLG Hamm hatte sich in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit zwischen zwei Mitbewerbern nur noch mit den Kosten des Verfahrens bzw. der Kostentragung zu beschäftigen. Es wurde eine E-Mail mit Anhängen einer Abmahnung und einer Unterlassungserklärung an den auf Unterlassung in Anspruch genommenen Mitbewerber versendet. Dieser gab keine Unterlassungserklärung ab bzw. reagierte nicht, so dass eine einstweilige Verfügung beantragt und erlassen wurde. Der in Anspruch genommenen Mitbewerber gab daraufhin eine Abschlusserklärung wegen der einstweiligen Verfügung ab und legte aber Kostenwiderspruch gegen die ihm auferlegten Kosten des Gerichtsverfahrens ein, nachdem er diese Möglichkeit als Vorbehalt in die Abschlusserklärung aufgenommen hatte.
Zugangsprobleme bei Abmahnung per E-Mail – Was war passiert?!
Gemäß Inhalt der Entscheidung des OLG Hamm begründete er den Widerspruch wie folgt.
„…Der Verfügungsbeklagte hat behauptet, er habe von den beiden E-Mails des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt. Er könne nicht ausschließen, dass die beiden E-Mails im sogenannten „Spam-Ordner“ seines E-Mail-Postfaches eingegangen seien, könne dies allerdings nicht mehr überprüfen, weil E-Mails in diesem „Spam-Ordner“ bereits nach jeweils zehn Tagen wieder gelöscht würden…“
Das Landgericht in der ersten Instanz entschied zu Lasten des in Anspruch genommenen Mitbewerbers und legte diesem die Kosten des Verfahrens auf. Dagegen legte dieser Beschwerde ein.
Zugangsprobleme bei Abmahnung per E-Mail– Entscheidung des OLG Hamm
Das OLG Hamm entschied nunmehr mit Beschluss vom 9. März 2022 (Az.: 4 W 119/20), dass der Verfügungskläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe.
Das Gericht führt dazu aus:
„…Die Kosten des Rechtsstreits sind in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO dem Verfügungskläger aufzuerlegen. Der Verfügungsbeklagte hat dem Verfügungskläger durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Anbringung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben. Dem Verfügungsbeklagten kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe auf die Abmahnung des Verfügungsklägers nicht reagiert. Denn das anwaltliche Abmahnschreiben vom 19.03.2020 ist dem Verfügungsbeklagten nicht zugegangen: Wird – wie im vorliegenden Falle – ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. [2022], § 13 Rdnr. 47). Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O.). Es kann mithin im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die in Rede stehenden E-Mails überhaupt im E-Mail-Postfach des Verfügungsbeklagten (dort möglicherweise im „Spam-Ordner“) eingegangen sind. Der Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.05.2020 jedenfalls glaubhaft gemacht, dass er von den beiden E-Mails des – ihm zuvor nicht bekannten – Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch den Dateianhang mit dem Abmahnschreiben nicht geöffnet hat…“