Wettbewerbsrecht

OLG Stuttgart:Dringlichkeitsschädliches Verhalten

Dringlichkeitsschädliches Verhalten – Ein „No Go“ im Rahmen der Prozessführung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren und insbesondere in UWG-Sachen. Hier gilt eine widerlegbare Dringlichkeitsvermutung nach § 12 I UWG.

Das OLG Stuttgart hat sich in seinem Urteil vom 27. Januar 2022 (Az.: 2 U 288/21) in einer UWG-Sache mit konkreten Verhaltensweisen zu beschäftigen, die nach Ansicht des Gerichts zu einem Wegfall der bestehenden Dringlichkeit führten.

In einem wettbewerbsrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren waren nach Ansicht der Verfügungsklägerin Angaben der Verfügungsbeklagten als unzulässige geschäftliche Handlung zu bewerten.

Innerhalb des Berufungsverfahrens hatte das OLG dann auch die Prozessführung der Verfügungsklägerin zu bewerten.

Diese Prozessführung führten in der Gesamtheit zur Widerlegung der eingangs genannten Dringlichkeitsvermutung zu Lasten der Verfügungsklägerin.

Dringlichkeitsschädliches Verhalten – Antrag des ungesicherten Verfügungsklägers auf Berufungsfristverlängerung

Die ungesicherte Verfügungsklägerin hatte einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist gestellt. Dies widerlegt die Dringlichkeitsvermutung nach Ansicht des Gerichts.  Dazu wird in den Entscheidungsgründen unter anderem ausgeführt:

„…Dass der gebuchte Jahresurlaub des Verfügungsklägervertreters vom 28. Oktober 2021 bis 07. November 2021 in die bis zum 10. November 2021 laufende Berufungsbegründungsfrist gefallen sei und er bei der Buchung (Buchungsbestätigung vom 19. Juli 2021 – AS 24) diese Frist nicht habe vorhersehen können, überbrückt nicht, dass das Problem dem Verfügungsklägervertreter spätestens bei der Zustellung des landgerichtlichen Urteils klar sein musste. Er hätte sich sogleich darum kümmern müssen, dass die Berufungsbegründungsfrist durch ihn, einen Kanzleikollegen oder einen anderen Rechtsanwalt gewahrt werde.

Außerdem hätte er die Sache sowohl vor als auch nach seinem Urlaub noch fristgerecht bearbeiten können. Er war nicht zwei Monate lang im Urlaub und kehrte (wenige) Tage vor Fristablauf zurück.

2.

Auch der Vortrag, dass sich im Verhandlungstermin vor dem Landgericht eine gänzlich neue Situation ergeben habe, die eingehende Recherchen, u.a. zur Glaubhaftigkeit der vernommenen Zeugin erfordert hätte, sowie Erwägungen zum weiteren prozessualen Vorgehen, erklärt nicht schlüssig, weshalb die Berufungsbegründungsfrist nicht hätte eingehalten werden können. Ihm fehlt schon die Substanz dazu, was die Verfügungsklägerin genau wann unternommen habe. Dass all dies nicht binnen zweier Monate möglich gewesen sein sollte, ist aus dem Vortrag nicht ersichtlich.

Außerdem trägt der Verfügungskläger stets das Risiko einer überraschend veränderten prozessualen Situation. Dies wird dadurch kompensiert, dass die Entscheidung im Verfügungsverfahren nicht in materielle Rechtskraft erwächst….“

Dringlichkeitsschädliches Verhalten – Terminsverlegungsantrag, sofern Termin nicht vorverlegt werden soll

Die ungesicherte Verfügungsklägerin hatte in der ersten Instanz einen Terminsverlegungsantrag zu einer angesetzten mündlichen Verhandlung über den gestellten einstweiligen Verfügungsantrag gestellt. Der Termin sollte aber zeitlich verschoben werden und nicht vorverlegt werden.

Dies widerlegt die Dringlichkeitsvermutung nach Ansicht des Gerichts.  Dazu wird in den Entscheidungsgründen unter anderem ausgeführt:

„…Darüber hinaus hat der Verfügungsklägervertreter unter dem 29. November 2021 Terminverlegung beantragt, da er am Sitzungstag auf einem Seminar referiere. Dabei hat er auf seinen Jahresurlaub 2022 hingewiesen und darum gebeten, diesen bei der Neuterminierung zu beachten. Auch dieser Antrag ist schon für sich genommen dringlichkeitsschädlich.

1.

Soweit im Schriftsatz vom 07. Januar 2022 auf die Kürze der Zeit zwischen Terminzustellung und Verlegungsantrag abgestellt wird, geht dies an der Sache vorbei. Darauf, wie schnell der Verlegungsantrag gestellt wurde, kommt es hier nicht an. Entscheidend ist, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt wurde.

2.

Zudem stellt die Verfügungsklägerin den Inhalt ihres Verlegungsantrages falsch dar, indem sie den Eindruck zu erwecken sucht, nur eine Vorverlegung des Termins erstrebt zu haben und nur zur Not eine kurzfristige Verlegung nach hinten zu akzeptieren.

a)

Der Antrag zielt nicht auf eine Vorverlegung des Termins, sondern auf eine Verlegung unabhängig vom neuen Verhandlungsdatum. Eine Beschränkung dahin, dass die Verfügungsklägerin den Termin nur dann verlegt sehen wolle, wenn er nach vorne verlegt werden könne, kann dem Antrag nicht entnommen werden. Der Verfügungsklägervertreter hat nicht erklärt, dass er nur mit einer Vorverlegung einverstanden sei und anderenfalls der festgesetzte Termin erhalten bleiben sollte. Im Gegenteil sollte der Verweis auf den Urlaub des Verfügungsklägervertreters ersichtlich eine Verlegung in den später liegenden Urlaubszeitraum gerade verhindern. Damit war klar, dass die Verfügungsklägerin auch eine spätere Terminierung in Kauf nahm. Der Hinweis auf den Urlaub erhöhte dabei die Gefahr einer (noch) späteren Terminierung.

b)

Auch dass die Verfügungsklägerin den Termin am 13. Januar 2022 akzeptieren wollte, wenn der Ersatztermin nicht innerhalb weniger Wochen gefunden werden könnte, ist dem Antrag nicht zu entnehmen.

Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Die Verfügungsklägerin musste, und das ist entscheidend, bei ihrem Antrag damit rechnen, dass der Verhandlungstermin nach hinten verlegt werde; und sie konnte nicht einmal einschätzen wie lange….“

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