Wettbewerbsrecht

OLG Hamburg: Dringlichkeitsfrist für Antrag auf einstweilige Verfügung in Heilmittelwerbefall beträgt 6-8 Wochen ab Kenntnis->großzügiger Maßstab, da Vorbereitung zeitlichen Aufwand bedarf

So das Gericht unter anderem in seinem Urteil vom 28. März 2024 (Az.: 3 U 52/22) in einem entsprechenden Rechtsstreit zwischen zwei Mitbewerbern zu werblichen Angaben für Arzneimittel. Im konkreten Fall war am 5. April 2022 ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt worden und die erstmalige Kenntnis mit Mitte Februar 2022 glaubhaft gemacht worden. Dies, so die Richter, war ausreichend, damit die Dringlichkeitsvermutung des § 12 I UWG nicht als widerlegt angesehen werden konnte. Das Gericht führt zu diesem Aspekt des Rechtsstreits in den Gründen der Entscheidung unter anderem aus:

„…Die Antragsgegnerin hat auch die Vermutung des Verfügungsgrunds gemäß § 12 Abs. 1 UWG nicht widerlegt.

aa) Dass ein Mitarbeiter der Antragstellerin die Werbung gemäß Anlage AG 10, die im Rahmen der Herbsttagung der Deutschen Diabetesgesellschaft am 5./6.11.2021 ausgelegen haben soll, tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Allein der pauschale Vortrag, dass es üblich und äußerst naheliegend sei, dass sich Wettbewerber auf Messen gegenseitig besuchten und das ausliegende Werbematerial mitnähmen, genügt nicht. Im Übrigen ist grundsätzlich nur das Wissen der Personen maßgeblich, die im Unternehmen für die Vermittlung und/oder Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen zuständig sind (Senat, Urteil vom 31.01.2019 – 3 U 204/17, juris Rn. 65). Die zuständige Mitarbeiterin K. hat jedoch an Eides statt versichert, die Werbeunterlage „Darstellung der Studienergebnisse: SUSTAIN 7 und AWARD-11“ erstmals Mitte Februar 2022 zur Kenntnis genommen zu haben (Anlage AST 10).

bb) Nach dieser Kenntnisnahme hat die Antragstellerin die Sache noch ausreichend zugig behandelt.

Die Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu den zeitlichen Anforderungen an ein hinreichend zügiges Vorgehen des Anspruchstellers bewegen sich in einem Bereich von ca. 6 bis 8 Wochen zwischen der Kenntnis vom Rechtsverstoß und der Stellung des Verfügungsantrags, wobei es im Bereich der Heilmittelwerbung sachgerecht ist, im Interesse der ordentlichen Vorbereitung des Verfügungsverfahrens tendenziell einen großzügigeren Maßstab anzulegen. Dem Anspruchsteller ist im Übrigen ein umso zügigeres Handeln nach der Zurückweisung der Abmahnung abzuverlangen, wenn zwischen der Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß und dem Ausspruch der Abmahnung bereits viel Zeit vergangen ist. Ein Zeitraum von 5 ½ Wochen absoluter Untätigkeit zwischen Kenntnis und Abmahnung kann dabei schon für sich genommen dringlichkeitsschädlich sein (Senat, WRP 2019, 917, juris Rn. 46 ff. m.w.N.).

Im Streitfall lagen selbst dann, wenn von einer Kenntnisnahme am 10.02.2022 auszugehen wäre, zwischen der Kenntnisnahme und der Abmahnung am 17.03.2022 fünf Wochen und zwischen der Kenntnisnahme und der Einreichung des Verfügungsantrags am 05.04.2022 sieben Wochen und fünf Tage. Damit hielt sich die Antragstellerin noch im dargestellten zeitlichen Rahmen. Aufgrund der zweiwöchigen Erkrankung der zuständigen Mitarbeiterin K. und des gleichzeitigen Urlaubs ihres Kollegen Dr. J. lagen zudem besondere Umstände vor, die eine schnellere Bearbeitung nicht möglich gemacht haben. Die Einschaltung externer Rechtsanwälte hätte nicht zu einer Beschleunigung geführt, da auf Seiten der Antragstellerin kein Mitarbeiter zur Verfügung gestanden hätte, um die Abmahnung freizugeben. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass sich die Mitarbeiterin K. vor ihrer Erkrankung dazu entschieden hat, die Werbemittel in den Anlagen 1 und 2, die beide Vergleiche von X. mit Dulaglutid betrafen, zusammen abzumahnen…“

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