Datenschutzrecht

OLG Dresden: kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO bei bloßem Kontrollverlust aufgrund von Scraping von personenbezogenen Daten in Sozialem Netzwerk

So das Gericht in seinem Urteil vom 5. Dezember 2023 (Az.: 4 U 709/23). Dabei stellt das Gericht in einer umfangreichen Begründung die Anspruchsvoraussetzungen dar. So führt es unter anderem aus, dass das Feststellungsinteresse hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs wegen eines mehrere Jahre zurückliegenden Rechtsverstoßes entsprechend begründet werden müsse. Dazu das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Der Klagepartei steht kein Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, alle künftigen (materiellen) Schäden zu erstatten, zu. Der Antrag ist bereits unzulässig, weil ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, § 256 ZPO. Grundsätzlich hängt die Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei reinen Vermögensschäden von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzung zurückzuführenden Schadenseintrittes ab (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2014 – IX ZR 197/12, Rn. 11 – juris). Ausreichend ist, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann (BGH, a.a.O.). Bei der Verletzung eines absoluten Rechtes genügt aber die ausreichende Möglichkeit des Eintrittes eines Schadens (vgl. BGH, Urteil vom 29.06.2021 – VI ZR 52/18, Rn. 30 – juris). Die Möglichkeit materieller Schäden reicht hier für die Annahme eines Feststellungsinteresses mithin aus (so BGH, Urteil vom 29.06.2021 – VI ZR 52/18, Rn. 30 – juris). Ein Feststellungsinteresse ist nur dann zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 09.01.2007 – VI ZR 133/06, Rn. 5 – juris). Dies ist der Fall. Vorliegend ist auch vier Jahre nach dem Vorfall kein Schaden eingetreten. Die Klagepartei macht zwar geltend, dass gleichwohl in der Zukunft aufgrund der Veröffentlichung ihrer Telefonnummer eine erhebliche Belästigung durch betrügerische Anrufe möglich sei, weil es nicht selten passiere, dass sich Anrufer als Bankmitarbeiter ausgäben, um an sensible Kontaktdaten der angerufenen Person zu gelangen (Seite 39 der Replik, Bl. 200 der landgerichtlichen Akte). Es bestehe daher weiter die Gefahr der missbräuchlichen Nutzung der entwendeten Daten. Diese Auffassung teilt der Senat schon deshalb nicht, weil die Wahrnscheinlichkeit eines Schadenseintritts mit zunehmender Distanz zum Scraping-Ereignis abnimmt und sich der Kausalzusammenhang dadurch immer schwerer beweisen lässt. Dies gilt hier auch deshalb, weil die Klagepartei ihre Handy-Nummer im Internet auch bei anderen Gelegenheiten, z. B. bei Paypal und bei der Bank verwendet. Im Hinblick darauf, dass vier Jahre nach dem Scraping-Vorfall und dem unbefugten Zugriff Dritter auf die Daten ein kausaler materieller Schaden nicht entstanden ist und auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Klagepartei eine Gefährdung ihres Vermögens drohen könnte, kann nach alledem davon ausgegangen werden, dass mit dem Eintritt eines materiellen Schadens nicht mehr zu rechnen ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2023 – 7 U 19/23, Rn. 215 – juris)…“

Hinweis des Autors:

Am gleichen Tag wurde ebenfalls durch das Gericht unter dem Az.: 4 U 709/23 eine weitere Entscheidung getroffen.

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