E-Commerce-Recht,  Markenrecht

LG Hamburg: Einwand einer bösgläubigen Markenanmeldung ohne weiteren Vortrag nur bei Markenanmeldung auf natürliche Person und Lizenzvergabe nicht erfolgreich

So entschieden durch das Gericht in seinem Urteil vom 27. April 2023 (Az.: 327 O 208/22) in einem markenrechtlichen Streit rund um die Verwendung einer Marke in Onlineverkaufsangeboten. Das Gericht fasst dabei noch einmal die rechtlichen Voraussetzungen in den Entscheidungsgründen wie folgt zusammen:

„…Eine bösgläubige Markenanmeldung, die zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Marke führt, liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig – insbesondere im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit – erfolgt ist (BeckOK UMV/Pohlmann/Schramek, Art. 59 Rn 5). Das absolute Schutzhindernis der Bösgläubigkeit bildet eine Brücke zwischen Marken- und Wettbewerbsrecht. Es soll die Anmeldung von solchen Marken bzw. ein Vorgehen daraus verhindern, die ab initio nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren Wettbewerbs Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern. Auf die subjektiven Motive des Anmelders der in Rede stehenden Marke lässt sich regelmäßig aus objektiven Umständen schließen. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der Anmelder einer Marke nicht allein deshalb bösgläubig handelt, weil er weiß oder wissen muss, dass ein Dritter zumindest in einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen nutzt, ohne hierfür einen Markenschutz erworben zu haben (EuGH GRUR Int. 2009, 914 Rn 40 – Lindt; EuGH GRUR Int. 2013, 792 Rn 37 – Malaysia Dairy Industries). Damit korrespondiert die grundsätzliche Vermutung, dass die Anmeldung einer Marke nicht bösgläubig erfolgt, so dass besondere Feststellungen zur Bösgläubigkeit zu treffen sind. Dementsprechend müssen zum Zeitpunkt der Anmeldung vorliegende Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als bösgläubig im Sinne eines Einsatzes der Marke für unlautere Zwecke erscheinen lassen. Dabei ist stets eine objektive Gesamtwürdigung und -abwägung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, um zu ermitteln, ob die Anmeldung in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Für eine bösgläubige Markenanmeldung spricht etwa der Umstand, dass der Anmelder der Marke diese mit dem Ziel anmeldet, andere vom weiteren Gebrauch des Zeichens, welches sie bereits vorher benutzt haben, auszuschließen und die an sich unbedenkliche Sperrwirkung der Marke somit zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Auf diese Absicht kann insbesondere aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Marke ohne hinreichenden sachlichen Grund angemeldet worden ist, weil der Anmelder kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke zur Förderung der eigenen Wettbewerbssituation hat, worauf sich wiederum insbesondere retrospektiv schließen lässt, wenn sich herausstellt, dass der Anmelder die Marke nicht selbst nutzt, sondern lediglich dazu benutzt, andere vom Markt auszuschließen (EuGH GRUR Int. 2009, 914 Rn 44 – Lindt). Umgekehrt spricht es gegen eine bösgläubige Markenanmeldung, wenn der Anmelder das von ihm als Marke geschützte Zeichen selbst in beachtlichem Umfang benutzt und im Hinblick darauf die markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält…“

Bezogen auf den Streitfall führt das Gericht dann in den Entscheidungsgründen aus:

„…Gemessen an diesen Maßstäben liegt keine bösgläubige Anmeldung der Klagemarke durch den Kläger zu 1) vor. Der Kläger zu 1) hat die Klagemarke mit dem Ziel der Nutzung nach Lizenzierung an die Klägerin zu 2), deren Geschäftsführer er ist, angemeldet und die Klägerin zu 2) nutzt die Klagemarke seitdem auch zum Vertrieb von ihr importierter „P.“ Body Kits und Tuningteile. Dies spricht dafür, dass es den Klägern bei Anmeldung der Klagemarke in erster Linie um die Förderung und Absicherung der eigenen Wettbewerbssituation und nicht um die Störung der wettbewerblichen Entfaltung Dritter einschließlich des Beklagten ging. Der Kläger zu 1) hat auch nur diese eine Marke angemeldet und nicht etwa nach dem Gießkannenprinzip zahlreiche weitere Bezeichnungen, um etwa jegliche weitere Anbieter von Tuning-Teilen, die er selbst gar nicht vertreibt, am Markteintritt zu hindern. Schließlich hat der Beklagte auch keine weiteren, erheblichen Umstände vorgetragen, die geeignet sind, die Unlauterkeit der Anmeldung der Klagemarke zu begründen…“

Cookie Consent mit Real Cookie Banner