So das Gericht in seinem Urteil vom 30. Juni 2023 (Az.: 11 U 155/22) in einem Rechtsstreit, in dem ein Auskunftsanspruch im Rahmen einer bestrittenen Wirksamkeit von Prämienanpassungen zu einer privaten Krankenversicherung auch mit Art. 15 DSGVO begründet worden war.
Das Gericht äußert sich in den Entscheidungsgründen des Urteils unter anderem wie folgt:
„…Im Übrigen steht der Beklagten jedenfalls ein Weigerungsrecht aus Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b) DSGVO zu. Die Vorschrift führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Wortes „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehlmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung 2. Aufl. Art. 12 Rn. 43). Bei der Auslegung, was in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DSGVO zu berücksichtigen. Insoweit enthalten bereits Art. 1 Abs. 1 und 2 der DSGVO die Klarstellung, dass die Normen das Spannungsfeld zwischen Grundrechten, Grundfreiheiten sowie dem Schutz personenbezogener Daten natürlicher Personen einerseits und den freien Datenverkehr andererseits regeln sollen. Wie sich zudem aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden (so auch BGH, Urt. v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19, Rn. 23, juris). Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DSGVO soll der betroffenen Person mithin ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden (dazu jüngst EuGH, Urt. v. 04.05.2023 – C-487/21, Rn. 34, juris). Dieses Auskunftsrecht ist nach Auffassung des EuGH die Grundlage, damit die jeweils betroffene Person ihr Recht auf Berichtigung, auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) und ihr Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, die ihr nach den Art. 16, 17 bzw. 18 DSGVO zukommen, sowie ihr in Art. 21 DSGVO vorgesehenes Recht auf Widerspruch gegen die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten oder im Schadensfall ihr in den Art. 79 und 82 DSGVO vorgesehenes Recht auf Einlegung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs überhaupt ausüben zu können (EuGH, a.a.O., Rn. 35).
Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es der Klägerin nach ihrem eigenen Klagevorbringen jedoch nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr ausschließlich die Überprüfung etwaiger, von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen wegen möglicher formeller Mängel nach § 203 Abs. 5 VVG. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DSGVO nicht umfasst (vgl. Senat, Urt. v. 17.03.2023 – 11 U 208/22; Beschl. v. 04.05.2022 – 11 U 239/21, Rn. 9; OLG Hamm, Beschl. v. 15.11.2021 – 20 U 269/21, Rn. 8ff.; OLG München, Beschl. v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21, Rn. 55 f.; OLG Nürnberg, Urt. v. 14.03.2022 – 8 U 2907/21, Rn. 43; OLG Dresden, Urt. v. 29.03.2022 – 4 U 1905/21, Rn. 64 ff.; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 18.07.2022 – 16 U 181/21, Rn. 45 ff.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2022 – 12 U 305/21, Rn. 52 f.; a.A. OLG Köln, Urt. v. 13.05.2022 – 20 U 295/21, Rn. 48 ff.; OLG Celle, Urt. v. 15.12.2022 – 8 U 165/22, Rn. 125 ff.; juris).
Der Senat verkennt nicht, dass die Kenntnis der Klagepartei von den Unterlagen, auf welche sich der geltend gemachte Anspruch bezieht, für sich genommen den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht ausschließt, da dieser dem Betroffenen eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung, etwa eine Prüfung der Richtigkeit der Daten, ermöglichen soll (BGH, Urt. v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19, Rn. 25, juris, m.w.N.). Eine derartige datenschutzrechtliche Zielsetzung verfolgt die Klägerin mit ihrem streitgegenständlichen Auskunftsantrag indes – wie ausgeführt – aber nicht. Insbesondere richtet sich ihr Begehren gerade nicht auf eine Auskunft darüber, ob die Beklagte die in den ihr bekannten Schreiben enthaltenen Informationen aktuell verarbeitet, insbesondere speichert (vgl. BGH, aaO)….“