OLG Nürnberg: Unterlassungserklärung mit Versprechen einer Vertragsstrafe bis zu 1.500 EUR bei Grundpreisangabenverstoß & Verkäufen über mehrere Plattformen nicht ausreichend zum Wegfall der Wiederholungsgefahr

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So entschieden durch das Gericht in dem Anerkenntnis- und Endurteil vom 09.Mai 2023 (Az.: 3 U 3524/22), in dem nur noch die Kosten einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung aus dem Jahr 2020 streitig waren und diese Abmahnung auch vor der letzten UWG-Reform ausgesprochen worden war.

Der zugrundeliegende Verstoß war die Nichtangabe von Grundpreisangaben. Es wurde eine Unterlassungs-und Verpflichtungserklärung abgegeben, bei der für jeden „Fall einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von bis zu 1.500,00 € je Fall“ versprochen worden war. Diese Erklärung wurde mangels ausreichendem Versprechen einer Vertragsstrafe nicht angenommen, so dass der Unterlassungsanspruch gerichtlich neben den Abmahnkosten geltend gemacht, jedoch anerkannt wurde.

Nach Ansicht des Gerichts muss der beklagte Unternehmer die Kosten des Rechtsstreits tragen. Die oben genannte Vertragsstrafe war nach Ansicht des Gerichts, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Wie ausgeführt, muss die Vertragsstrafe geeignet sein, den Schuldner zur gewissenhaften Einhaltung seiner Verpflichtungen anzuhalten, und auch Verstöße angemessen zu ahnden, die über die bisherigen Zuwiderhandlungen hinausgehen. Der Gläubiger, der sich auf eine betragsmäßig festgelegte oder begrenzte Vertragsstrafe einlässt, könnte auch bei einer wesentlich umfangreicheren und (z.B. in subjektiver Hinsicht) gravierenderen Zuwiderhandlung aufgrund eines so gedeckelten Vertragsstrafenversprechens lediglich diesen Betrag fordern, sodass eine Abschreckungswirkung zunächst nicht besteht; er wäre weitgehend darauf verwiesen, wegen drohender weiterer Verstöße infolge Wiederauflebens der Wiederholungsgefahr Unterlassungsklage zu erheben oder eine höhere Vertragsstrafe zu verlangen. Da die Beklagte die Vertragsstrafe mit der beschriebenen Maximalhöhe für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung versprochen hat, ist nicht ausgeschlossen, dass die Vertragsstrafe nur einmal verwirkt ist, auch wenn sich die Verstöße bei einer Vielzahl von Angeboten finden, aber die Angebote in engem zeitlichen Zusammenhang eingestellt worden. Es wäre dann nämlich von einer „natürlichen Handlungseinheit“ auszugehen. Eine auf den Betrag begrenzte Vertragsstrafe, der für die zurückliegende Zuwiderhandlung angemessen wäre, trägt somit den Interessen des Gläubigers nicht Rechnung und ist auch nicht geeignet, die einmal begründete Gefahr einer erneuten Zuwiderhandlung in genügender Weise auszuräumen. Vielmehr tritt dieser Effekt erst ein, wenn der Schuldner eine Vertragsstrafe befürchten muss, die deutlich über den genannten Betrag hinausgeht.

dd) Dies war vorliegend nicht der Fall. Auch wenn für einen auf einzelne Angebote begrenzten, fahrlässigen Verstoß 1.500,00 € nach dem bis 2. Dezember 2020 geltenden Recht eine angemessene Vertragsstrafe darstellen würden, hätte die Beklagte eine Strafe von (jedenfalls) bis zu 2.500,00 € versprechen müssen. Nur dann wäre auch bei einem gewichtigeren Verstoß ein hinreichend spürbares Übel zu erwarten, das dazu führen würde, dass sich ein Verstoß nicht lohnt und die Beklagte daher aus eigenen wirtschaftlichen Interessen gehalten ist, sorgfältig auf eine vollständige Einhaltung der Vorgaben der PAngV in ihrem Online-Shop zu achten. Durch die Begrenzung der Vertragsstrafe auf das Maß, das (sowohl objektiv als auch aus Sicht der Beklagten) bei einer in jeder Hinsicht identischen oder gleichgewichtigen Zuwiderhandlung festzusetzen sein wird, fehlte der notwendige Anreiz, sich künftig wettbewerbskonform zu verhalten und insbesondere auch systematische oder aus sonstigen Gründen schwerwiegende Zuwiderhandlungen auszuschließen.

ee) Das Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags mit Vertragsstrafenversprechen war daher von vornherein nicht geeignet, die einmal begründete Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Die Wiederholungsgefahr lebte daher nicht – wie es bei Zugrundelegung des in der Entscheidung „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“ (BGH, Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 144/21, GRUR 2023, 255, Rn. 39 ff.) vorliegenden Sachverhalts der Fall wäre – erst durch die Zurückweisung des Angebots der Beklagten durch die Klägerin im Schreiben vom 7. Dezember 2020 auf…“