ArbG Köln: Vermerk eines COVID19-Impfstatus auf einer Verdienstabrechnung nach § 26 III BDSG zulässig

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Vermerk eines Impfstatus auf einer Verdienstabrechnung nach § 26 III BDSG zulässig – Unter anderem dies hatte das ArbG Köln in einem Gerichtsverfahren durch Urteil vom 21. Juli 2022 (Az.: 8 Ca 1779/22) entschieden.

Vermerk eines COVID19-Impfstatus auf einer Verdienstabrechnung nach § 26 III BDSG zulässig – Ansicht des Gerichts

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen zu dem durch den Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber aus:

„…Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Unterlassungsanspruch dahingehend, dass die Beklagte generell und ausnahmslos verpflichtet wäre, einen Vermerk des Impfstatus des Klägers auf einer Verdienstabrechnung zu unterlassen.

Jedenfalls dann, wenn der Impfstatus des Klägers abrechnungsrelevant ist, ist die Beklagte auch berechtigt, diesen Impfstatus auf einer Verdienstabrechnung betreffend den Kläger zu vermerken. Entgegenstehende überwiegende schützenswerte Interesse des Klägers können nicht festgestellt werden.

Nach § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies u. a. für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Insofern bestimmt § 26 Abs. 3 BDSG, dass abweichend von Artikel 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 („EU-Datenschutzgrundverordnung“) die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig ist, wenn sie u. a. zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt.

Hiervon ausgehend kann dahinstehen, ob es sich in Anbetracht der ausdrücklichen gesetzlichen Wertung in § 20a IfSG, nach der im Bereich besonders gefährdeter Einrichtungen wie Senioreneinrichtungen tätige Personen zur Offenlegung ihres Impfstatus zwingend gesetzlich verpflichtet sind, bei dem „Impfstatus“ einer in diesem Bereich tätigen Person überhaupt noch um besonders sensible und besonders vertrauliche Gesundheitsdaten handelt.

Denn selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass es sich insofern beim Impfstatus um besonders schützenswerte Gesundheitsdaten handelt, liegen jedenfalls die erweiterten Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 BDSG vor. Die Beklagte kann sich insofern darauf berufen, dass die Datenverarbeitung zur Ausübung von Rechten als auch vorliegend sogar kummulativ zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erforderlich ist; es besteht auch darüber hinausgehend kein Grund zur Annahme, dass ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Datenverarbeitung überwiegt.

a)

Die Beklagte durfte die Erwähnung des Impfstatus des Klägers jedenfalls auf den Verdienstabrechnungen für diejenigen Monate, in denen sich der Impfstatus auf den Vergütungsanspruch des Klägers auswirkt, als zur Ausübung von Rechten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ansehen.

Denn nach vorstehenden Auswirkungen entfällt aufgrund der fehlenden Immunisierung des Klägers dessen Vergütungsanspruch für die Zeiten der Nichtbeschäftigung, in denen er keine Immunisierung nachweisen kann. Die Frage der Immunisierung ist mithin unmittelbar vergütungsrelevant. Vergütungsrelevante Aspekte dürfen auch auf einer Entgeltabrechnung aufgeführt werden.

Auch soweit die Entgeltabrechnung bei der Beklagten über einen externen Dienstleister durchgeführt wird, stellt es insofern für die Beklagte kein milderes zumutbares Mittel dar, den Impfstatus nicht auf der Verdienstbescheinigung, sondern lediglichz. B. in der Personalakte zu verzeichnen. Denn gerade wenn insofern eine Personentrennung besteht, zwischen Personalabteilung und Abrechnungsstelle, besteht für die Beklagte das Risiko einer versehentlichen Gehaltsüberzahlung, wenn die Abrechnungsstelle nicht über sämtliche für die Abrechnung relevanten Informationen verfügt.

Soweit die Klägerseite die Rechtsauffassung vertritt, aus dem Infektionsschutzgesetz ergebe sich lediglich ein Fragerecht hinsichtlich des Impfstatus, jedoch keine Befugnis zur Datenverarbeitung, erscheint dies fernliegend. Aus dem Fragerecht – und vorliegend sogar der gesetzlichen Fragepflicht – hinsichtlich des Impfstatus folgt denklogisch auch eine Befugnis, das Ergebnis dieser Frage aufzuzeichnen und insofern Daten zu verarbeiten. Gerade bei größeren Unternehmen wie dem Unternehmensverbund der Beklagten, in dem nach den Erörterungen im Kammertermin über 20.000 Arbeitnehmer in Senioreneinrichtungen beschäftigt werden, ist es dem einzelnen Mitarbeiter der Personalabteilung kaum zuzumuten, dass Ergebnis der jeweiligen Fragen nach dem Impfstatus „auswendig im Kopf zu merken“, ohne diesbezüglich Aufzeichnungen zu machen, von etwaigen Vertretungsfällen aufgrund Ausfalls des konkret fragenden Mitarbeiters der Personalabteilung ganz abgesehen. Der Ansatz, es bestünde zwar eine gesetzliche Fragepflicht, aber keine rechtliche Möglichkeit, das Ergebnis der Frage aufzuzeichnen, ist mithin ersichtlich unzutreffend.

b)

Es besteht auch kein Grund zur Annahme, dass ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Datenverarbeitung überwiegt.

Insofern ist zunächst festzuhalten, dass aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Wertung des § 20a IfSG es sich für einen in einer Senioreneinrichtung beschäftigten Mitarbeiter bei seinem Impfstatus gerade nicht um einen besonders vertraulichen, sondern im Gegenteil um einen offenbarungspflichtigen Umstand handelt.

Besonders schützenswerte Interessen des Klägers an einer Geheimhaltung sind bei der Interessenabwägung nicht ersichtlich. Es handelt sich bei einem Impfstatus auch im Kern nicht um einen gesundheitlichen Aspekt. Es ist nicht einerseits „krank“, wer ungeimpft ist und andererseits „gesund“, wer geimpft ist, sondern die Impfung dient lediglich der Vorbeugung vor einer etwaigen späteren eigenen Erkrankung bzw. einer in diesem Zusammenhang möglichen Ansteckung weiterer Personen. Erst wenn es später – trotz oder infolge fehlender Impfung – zum Ausbruch einer Erkrankung kommt, handelt es sich hierbei um einen gesundheitlichen Aspekt, der ggf. einer verstärkten Vertraulichkeit bedarf.

Hinzu kommt, dass eine Verdienstabrechnung grds. kein besonders „öffentlichkeitswirksames“ Kommunikationsmittel ist, sondern der Kreis derjenigen, die Kenntnis von einer solchen Verdienstabrechnung erhalten, im Regelfall auf Arbeitgeber (unter Einschluss der Abrechnungsstelle) und Arbeitnehmer begrenzt bleibt, sofern nicht der Arbeitnehmer von sich aus Dritten die Abrechnung vorlegt. Eine Verdienstabrechnung ist keine „Litfaß-Säule“ o. ä. Wenn der Arbeitgeber „öffentlichkeitswirksamere“ Mittel zur Bekanntgabe des Impfstatus gewählt hätte, etwa einem Aushang am „Schwarzen Brett“ hinsichtlich der Namen der ungeimpften Mitarbeiter, wäre insofern sicherlich die Frage der Erforderlichkeit einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Die bloße Aufnahme des Impfstatus auf einer Verdienstabrechnung – vorliegend auch lediglich auf den Abrechnungen für April und Juni, für die der Impfstatus abrechnungsrelevant war und gerade nicht auf der Abrechnung für Mai, für die der Impfstatus des Klägers aus Sicht der Beklagten nicht relevant war – überschreitet die Schwelle des Erforderlichen i. S. des § 26 BDSG noch nicht. Die klägerseitig behauptete Gefahr einer „Stigmatisierung“ kann durch das Gericht nicht gesehen werden…“