OLG Frankfurt a.M.:Onlineverkaufsplattform muss gegen Entgelt vermittelte Kundenbewertungen auch als solche kennzeichnen

Veröffentlicht von

Onlineverkaufsplattform muss gegen Entgelt vermittelte Kundenbewertungen auch als solche kennzeichnen – Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) vor. So das OLG Frankfurt a.M. in seinem Urteil vom 09. Juni 2022 (Az. 6 U 232/21) in einem wettbewerbsrechtlichen Eilverfahren.

Betroffen war Amazon mit dem Einbezug von Kundenbewertungen auf der deutschen Verkaufsplattform, die von ausländischen Plattformen gewonnen und dort zu den angebotenen Produkten abgeben worden waren („Early Reviewer Programms“ (ERP)). Diese können gegen Entgelt erworbene werden und flie0en in die Gesamtbewertung von angebotenen Produkten ein. Es fehlt aber ein Hinweis darauf, dass diese gegen Bewertungen gegen Entgelt erworben wurden.

Onlineverkaufsplattform muss gegen Entgelt vermittelte Kundenbewertungen auch als solche kennzeichnen – Ansicht des Gerichts

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…3. Mit der Veröffentlichung von ERP-Rezensionen verstößt die Antragsgegnerin zu 2) gegen § 5 a Abs. 6 UWG, weil diese Teil des Gesamtbewertungsergebnisses werden, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind.

a) Das Veröffentlichen von ERP-Rezensionen, die Einzug in das Gesamtbewertungssystem halten, stellt eine geschäftliche Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, weil die Antragsgegnerin zu 2) damit den Absatz ihrer Kunden (Händler) und damit zugleich ihren eigenen Absatz fördert, denn ihre Verkaufsplattform erscheint auf diese Weise attraktiver für ihre Kunden.

b) Außer Zweifel steht auch, dass die Antragsgegnerin zu 2) mit dem Veröffentlichen von Rezensionen und dem Gesamtbewertungsergebnis einen kommerziellen Zweck verfolgt. Es handelt sich um einen Fall der getarnten Werbung, weil die Antragsgegnerin zu 2) für die ERP-Rezensionen ein Entgelt bezahlt hat (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 40. Aufl., § 5 a Rn 7.80). Auch wenn das Entgelt sehr gering ist (1 bis 3 US-Dollar), ist nicht zu leugnen, dass die Rezensenten die Bewertung nicht allein „um der Sache Willen“ abgegeben haben.

c) Die Berücksichtigung von ERP-Rezensionen wird nicht kenntlich gemacht und ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Die Antragsgegnerinnen meinen, der Internetnutzer und damit auch der Nutzer von Amazon wisse, dass in das Gesamtbewertungsergebnis immer auch Rezensionen einflössen, die aus nicht sachlich begründeten Erwägungen heraus abgegeben würden. Abgesehen davon, dass dies zweifelhaft ist, ist das Argument auch deshalb nicht tragfähig, weil eine – sicher bei vielen vorhandenen Skepsis – kein Freibrief dafür sein darf, beeinflusste Rezensionen zu verwenden.

d) Zu bejahen ist auch die geschäftliche Relevanz, also die Eignung der Berücksichtigung von ERP-Rezensionen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Die Rezensenten, die an dem ERP teilnehmen, bekommen für ihre Teilnahme eine, wenn auch kleine Belohnung. Daraus folgt zwangsläufig, dass sie bei der Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen sind. Es besteht die konkrete Gefahr, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich, beeinflusst von der Belohnung, veranlasst sehen, ein Produkt positiver zu bewerten, als dies ihrer tatsächlichen Meinung entspricht, in der Hoffnung, weiterhin an dem X teilnehmen zu dürfen….“