Datenschutzrecht

VG Wiesbaden:GPS-Tracking in der Logistikbranche

GPS-Tracking in der Logistikbranche – Auch hier spielt das Datenschutzrecht eine wichtige Rolle, da auch selbstverständlich personenbezogene Daten der Fahrer:innen erhoben.

Das VG Wiesbaden hatte in einer Klage einen Verwaltungsakt der Aufsichtsbehörde des Bundeslandes Hessen zu bewerten. Inhalt des Verwaltungsaktes war das Vorgehen eines Logistikunternehmens des GPS-Tracking ohne die Einhaltung wichtiger Grundlagen, so die Ansicht der Aufsichtsbehörde zu bewerten. Unter anderem wurden die Fahrer:innen über das Tracking nicht bzw. unzureichend informiert. Auch Rechtsgrundlagen für die konkrete Maßnahmen waren nicht ersichtlich (detaillierte Angaben des Vorgehens des Unternehmens sind im Volltext der Entscheidung zu finden).

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 17. Januar 2022 (Az.: 6 K 1164/21.WI) ab.

GPS-Tracking in der Logistikbranche – Ansicht des Gerichts im konkreten Fall

Das VG Wiesbaden sah die in der Vergangenheit durch das klagende Unternehmen vorgenommenen Verarbeitungsvorgänge von personenbezogenen Daten als rechtswidrig an.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Eine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch die Klägerin existiert nicht, sodass die Verarbeitung nicht rechtmäßig ist, Art. 5 Abs. 1 lit. a) DS-GVO.

Nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO bedarf die Datenverarbeitung einer Rechtsgrundlage. In Betracht kommen hier, wie die Klägerin anführt, Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. a), c) und f) DS-GVO.   Nach Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. a) DS-GVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Die Rechtmäßigkeit der Einwilligung beurteilt sich nach Art. 7 DS-GVO, den der deutsche Gesetzgeber in § 26 Abs. 2 BDSG weiter präzisiert hat.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Eine Einwilligung hat die Klägerin nicht eingeholt. Das Gericht hat mit dem Beklagten auch Zweifel, ob eine Einwilligung, wie sie der Klägerin vorschwebt (Entwurf Bl. 20f der Gerichtsakte), zulässig wäre. Gleichgelagerte Interessen der Mitarbeiter der Klägerin mit der Klägerin sind insoweit nicht ohne Weiteres zu erkennen, einen wirtschaftlichen Vorteil – etwa in Form einer Gehaltserhöhung – beabsichtigt die Klägerin nicht ihren Mitarbeitern zukommen zu lassen.

Nach Art. 6 Abs. 1UA 1 lit. c) DS-GVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt.

Auch dieses Kriterium ist nicht erfüllt.

Hinsichtlich der Mitarbeiter, die keine Lenk- und Ruhezeiten nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.03.2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. EU Nr. L 102 S. 1) i.V.m. der Fahrpersonalverordnung vom 27.06.2005 (BGBl. I S. 1882, zuletzt geändert durch Art. 1 VO zur Änd. fahrpersonalrechtlicher und straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 08.08.2017 (BGBl. I S. 3158)) einzuhalten haben, besteht schon keine Verpflichtung der Klägerin, Aufzeichnungen über die Routen ihrer Mitarbeiter zu führen.

Hinsichtlich der Mitarbeiter, die unter o.g. Verordnungen fallen, und hinsichtlich derer die Klägerin nach §§ 2 Abs. 5 und 2a Fahrpersonalverordnung eine Aufbewahrungspflicht hinsichtlich der Daten aus dem Massenspeicher des Fahrtenschreibers und über stattgefundene Kontrollen hat, ist eine Datenerhebung zur Wegstrecke über die vom Fahrtenschreiber aufgezeichneten Daten hinaus nicht erforderlich, insbesondere nicht der genaue Standort.

Nach Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. f) DS-GVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Die danach vorzunehmende Abwägung der Interessen der Klägerin einerseits und der betroffenen Mitarbeiter andererseits fällt zu Lasten der Klägerin aus, weil die Datenspeicherung des Standorts, zumal über 400 Tage lang, nicht verhältnismäßig ist.

Eine Datenspeicherung ist verhältnismäßig, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgt, geeignet ist, diesen Zweck zu erreichen, keine gleich wirksamen, weniger einschneidenden Maßnahmen erkennbar sind (Erforderlichkeit) und sich im Ausgleich der widerstreitenden Interessen als verhältniswahrend im engeren Sinne erweist.

Hieran gemessen ist die Speicherung der Standortdaten durch die Klägerin offensichtlich unverhältnismäßig. Die Zulässigkeit der Datenerhebung und erst recht der Speicherung scheitert nach Auffassung des Gerichts schon daran, dass sie geheim erfolgt, ohne dass erkennbar ist, warum die Mitarbeiter der Klägerin nicht wissen dürfen, dass ihr Arbeitgeber sie bei Fahrten konstant überwacht. Das Gericht versteht Art. 5 Abs. 1 lit. a) DS-GVO, der Treu und Glauben und die Nachvollziehbarkeit der Verarbeitung für die Betroffenen als Maßstab für eine rechtmäßige Datenverarbeitung ansieht, als grundsätzliches Transparenzgebot, das auch in Art. 7, 12ff DS-GVO seinen Niederschlag findet.

Die Klägerin hat auch in der mündlichen Verhandlung keine Argumente vorgebracht, die auch nur im Ansatz ein Interesse begründen, die Mitarbeiter verdeckt zu überwachen. Ein solches Interesse kann insbesondere bei Fällen der Aufklärung von Straftaten und insoweit zur Beweissicherung anzuerkennen sein (§ 26 Abs. 1 S. 2 BDSG; BAG, Urteil vom 28. März 2019 – 8 AZR 421/17 –, juris; BGH, Urteil vom 04. Juni 2013 – 1 StR 32/13 –, juris Rn. 62ff; Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 24. Mai 2019 – 2 Sa 214/18 –, juris). Im Übrigen dringen die Argumente der Klägerin selbst im Fall einer offenen Überwachung nicht durch, soweit sie für die Speicherung der Standortdaten ein Interesse an einer effizienten Routengestaltung, der Verhinderung von Diebstahl und der Beweissicherung bei Zivilprozessen anmeldet. Diese Zwecke mögen legitim sein, die Datenspeicherung ist aber schon nicht geeignet, sie auch nur zu fördern, sodass sich diese Zwecke als vorgeschoben erweisen…“

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