Datenschutzrecht

OLG Frankfurt a.M.:Schadensersatzanspruch nach Art. 82 I DSGVO erfordert Nachweis

Schadensersatzanspruch nach Art. 82 I DSGVO erfordert Nachweis – Und zwar den konkreten Nachweis, dass ein Schaden eingetreten ist. So das Gericht in seinem Urteil vom 2. März 2022 (Az: 13 U 206/20).

In dem Rechtsstreit ging es unter anderem um einen geltend gemachten Schadensersatzanspruch rund um den Austausch von Bewerbungsunterlagen über ein Soziales Netzwerk und dortige Nachrichtenfunktionen (zu den Details bitte in der Entscheidung nachlesen).

Der Kläger begehrte einen Schadenersatzanspruch wegen eines immateriellen Schadens mindestens in einer Höhe von 2.500 EUR.

Schadensersatzanspruch nach Art. 82 I DSGVO erfordert Nachweis – Ansicht des Gerichts

Im Berufungsverfahren wiesen die Richte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zurück, da es hier an einem konkreten Nachweis eines Schadenseintritts im zu entscheidenden Fall fehle. Dieser sei aber immer die Voraussetzung für die Begründetheit des Anspruchs.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Frage, ob bereits der Datenschutzverstoß als solcher für das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs ausreicht oder es darüber hinaus der Darlegung und des Nachweises eines konkreten (auch: immateriellen) Schadens bedarf, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (für ein Ausreichen des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht: z.B. OLG München, Urteil vom 4.2.2019 – 15 U 3688/18 -, juris, Rn. 19 ff., Ehmann/Selmayr/Nemitz, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Art. 82 DS-GVO Rn. 11-13; für das Erfordernis eines nachgewiesenen Schadens z.B. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.02.2021, 17 Sa 37/20, zit. nach juris, Rn. 96, LG Karlsruhe, Urt. v. 02.08.2019, 8 O 26/19, zit. nach juris, Rn. 19, Ernst, juris PR-ITR 1/2021 Anm. 6 in einer Anmerkung zu dem vorliegend angefochtenen Urteil des Landgerichts Darmstadt v. 26.05.2020, 13 O 244/19, m.w.N.). Insbesondere von den Verfechtern eines Anspruchs ohne Nachweis eines konkreten Schadens wird zudem vertreten, dass die Beeinträchtigung über eine bloße Bagatellverletzung hinausgehen muss (vgl. hierzu die Quellenangaben bei Ernst, a.a.O.).

Sowohl der österreichische Oberste Gerichtshof (Vorabentscheidungsersuchen vom 12.05.2021, ZD 2021, S. 631, wobei der Gerichtshof die Auffassung vertritt, es sei der Nachweis eines Schadens erforderlich) als auch das Bundesarbeitsgericht (Vorabentscheidungsersuchen vom 26.08.2021, 8 AZR 253/20-A, wobei das BAG den Nachweis eines Schadens nicht für notwendig hält) haben die hiermit zusammenhängenden Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der Senat folgt im Ergebnis der Auffassung, wonach über den festgestellten Verstoß gegen die Vorschriften des DS-GVO hinaus Voraussetzung für eine Entschädigung in Geld der Nachweis eines konkreten (auch immateriellen) Schadens ist. Hierfür spricht zunächst bereits der Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, der über den Verstoß hinaus ausdrücklich die Entstehung eins Schadens („…Schaden entstanden ist“) voraussetzt (Eichelberger, WRP 2021, 159-167; Wybitul/Brams, ZD 2020, 644-646). Hätte der Verordnungsgeber eine nur an den Rechtsverstoß anknüpfende, vom Nachweis eines konkreten Schadens unabhängige Zahlungspflicht anordnen wollen, hätte es demgegenüber nahegelegen, dies – wie z.B. im Luftverkehrsrecht gem. Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO (EG) 261/2004 – durch Pauschalen zu regeln (Eichelberger, aaO. Rn. 24). In dem Erwägungsgrund 146 S. 3 zu der DS-GVO heißt es zwar, dass der Begriff des Schadens im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs weit auf eine Art und Weise ausgelegt werden soll, die den Zielen der Verordnung in vollem Umfang entspricht. Der Anspruch soll nach Erwägungsgrund 146 S. 6 sicherstellen, dass die betroffenen Personen einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten. Das schließt ein, dass Schadensersatzforderungen abschrecken und weitere Verstöße unattraktiv machen sollen. Der Begriff des Schadens in Art. 82 DSGVO ist autonom auszulegen, mithin kommt es nicht darauf an, ob ein bestimmter Schaden nach nationalem Recht als Schaden angesehen werden könnte (Bergt in: Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 3. Aufl. 2020, Art. 82 Rn. 17; vgl. in diesem Zusammenhang auch: BVerfG 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19 – Rn. 20, juris).

Auch hiernach ist der Schaden jedoch nicht mit der zugrundeliegenden Rechtsgutsverletzung gleichzusetzen. Denn ausdrücklich muss der Schaden „erlitten“ werden, woraus folgt, dass dieser tatsächlich entstanden sein muss und nicht lediglich befürchtet wird (LAG Baden-Württemberg, Urte. v. 25.02.2021, 17 Sa 37/20, zit. nach juris, Rn. 96 unter Bezug auf Frenzel in: Paal/Pauly, a.a.O., Art. 82, Rn. 10 und Klein GRUR-Prax 2020, 433). Der bloße Verstoß gegen Bestimmungen der DS-GVO reicht daher nicht aus.

Hinzu kommt schließlich, dass weder Art. 82 DS-GVO noch dessen Erwägungsgründe einen Hinweis darauf enthalten, dass geringfügige (Bagatellschäden) nicht auszugleichen wären; vielmehr sieht Erwägungsgrund 148 Satz 2 vor, dass lediglich ausnahmsweise bei geringfügigen Verstößen auf die Verhängung einer Geldbuße verzichtet werden kann (LAG Baden-Württemberg, a.a.O. m.w.N.).

Das Erfordernis des Nachweises eines tatsächlich erlittenen Schadens ist daher auch der Sache nach erforderlich, um ein vom Verordnungsgeber nicht gewolltes Ausufern von Schadensersatzforderungen in allen Fällen eines – tatsächlich für den Betroffenen folgenlosen – Datenschutzverstoßes zu vermeiden (so insbesondere auch Ernst, a.a.O.)…“

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