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AG Kassel: Kündigung per Whats-App-Nachricht erfüllt Schriftform nach § 127 BGB nicht

Kündigung per Whats-App-Nachricht erfüllt Schriftform nach § 127 BGB nicht – So in dem Fall der Kündigung einer Mitgliedschaft in einem Sportclub, über den das AG Kassel in seinem Urteil vom 15. März 2022 (Az.: 410 C 1583/22) entschieden hat.

Streitig waren unter anderem auch Rückzahlungsansprüche von Mitgliedsbeiträgen und die Feststellung der Unwirksamkeit einer durch den Beklagten im Streitfall per Whats-App ausgesprochenen Kündigung. Diese war per Nachricht über den Messangerdienst ausgesprochen worden.

Kündigung per Whats-App-Nachricht erfüllt Schriftform nach § 127 BGB nicht – Ansicht des Gerichts

Das Gericht sieht hier zu Recht durch die Nachricht nicht die festgelegte Schriftform nach § 127 BGB als erfüllt an. Das Gericht führt unter anderem aus:

„…Die Erklärung mittels einer WhatsApp-Nachricht erfüllt die Schriftform nicht. § 127 Abs. 2 BGB erlaubt zwar die Übermittlung einer Erklärung, die durch Rechtsgeschäft in schriftlicher Form erfolgen muss, auch über Telekommunikationsmittel. Gemeint ist jedoch eine Erklärung, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst ist und in einer der Übergabe des Schriftstücks ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt wird. Der Erklärungsempfänger muss also immer noch erkennen können, wer Aussteller ist, wobei die Unterschrift durch eine andere Forderung der Signatur ersetzt werden kann, und er muss in der Lage sein, dieses Schriftstück auszudrucken und dauerhaft abzuspeichern bzw. zu archivieren. Folglich ist von dieser Formerleichterung des § 127 Abs. 2 BGB die Übertragung nicht nur mittels Übergabe eines Schriftstückes erfasst, sondern auch die Übersendung beispielsweise mittels Telegramm, Telefax, Computerfax oder E-Mail. Nicht erfasst hiervon ist die Übermittlung mit einem Messengerdienst, wie es das System WhatsApp erlaubt. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzgebungsgeschichte. In seiner derzeitigen Gestalt wurde § 127 Abs. 2 BGB im Jahr 2001 gefasst. Zu diesem Zeitpunkt war die Kommunikation mit Messengerdiensten noch von sehr deutlich untergeordneter Bedeutung und nicht allgemein verbreitet, insbesondere nicht im Rechtsverkehr (vgl. dazu Nissel, Rechtsgeschäftsmodernisierungsgesetz Kapitel 4.2., zit. n. BeckOnline). Folglich versteht die herrschende Meinung die Vorschrift auch nur dahingehend, dass insbesondere die oben genannten Telekommunikationswege davon erfasst sind, nicht aber der Messengerdienst (vgl. die Ausführungen bei Palandt/Ellenberger, 80. Auflage § 127 BGB Rdrn. 2, BeckOK/Wendtland, § 127 BGB Rdnr. 3 f., BeckOGK/Wollenschläger, § 127 BGB Rdnr. 53; Münchener Kommentar/Einsele, § 127 BGB Rdnr. 10; Roßnagel/Jandt, Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste § 127 BGB Rdnr. 18; Schulze/Dörner, § 127 BGB Rdnr. 6; a.A. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 127 BGB Rdnr. 3). Den Anforderungen genügt die Übermittlung per Messengerdienst nicht. Insbesondere fehlt es an einer hinreichend sicheren (gegebenenfalls auch nur elektronischen) Möglichkeit der Archivierung und des Ausdrucks. Denn derartige Nachrichten werden typischerweise nur über Smartphones versendet, ohne dass eine dauerhafte Aufbewahrung auf diesen kurzlebigen Gerätschaften gesichert wäre. Hinzu kommt der Umstand, dass selbst der bloße Namenszusatz nicht ohne weiteres hinreichend sichere Gewähr bietet, welche Person die darin enthaltene Erklärung rechtlich verantwortet, wenn es sich um eine über den Austausch rein private Nachrichten hinausgehende rechtsgeschäftliche oder in sonstiger Weise bindende Erklärung handeln soll.

Ferner ist dabei zu berücksichtigen, dass ein Formerfordernis auch die Bedeutung hat, die erklärende Person zu warnen und vor übereilter Abgabe der Erklärung zu schützen. Ein Messengerdienst wird aber weit überwiegend nur zum raschen Austausch rein privater Nachrichten benutzt und gerade nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen. Denn bei Letzteren steht nämlich nicht die Emotionalität privater Nachrichten im Vordergrund, sondern das überlegte Handeln mit entsprechenden rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen. Ein Messengerdienst und dessen Benutzung ist folglich ungeeignet, um eine solche Funktion des Formerfordernisses zu wahren, weil insbesondere die typische Art und Weise der Benutzung dem entgegensteht. Auch lässt der Vertrag der Parteien vom 30.10.2018 erkennen, dass eine derartige Erleichterung von den Parteien gerade nicht gewollt war, sondern diese davon ausgehen, dass gesteigerte formale Anforderungen an die Erklärung hinsichtlich Vertragsbeendigung oder –verlängerung zu stellen sind, zumal die Parteien im hier gegenständlichen Vertrag die ebenfalls eine Vereinfachung darstellende Textform im Sinne des § 126b BGB gerade nicht gewählt haben. Schließlich dient es vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen gerade auch dem Verbraucherschutz, die formalen Zulässigkeit von rechtsgeschäftlichen Erklärungen ohne vorherige klare und eindeutige Abrede der Parteien hierüber zu verneinen….“

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