Anspruch auf Datenkopie nach Art. 15 III DSGVO – Einen solchen hatte in einem Klageverfahren, neben vertraglichen Ansprüchen, der Kläger geltend gemacht. In seinem Urteil vom 16. Februar 2022 (Az.: 28 O 303/20) folgte das Landgericht dem Begehren des Klägers in Bezug auf den klageweise geltend gemachten Anspruch aus Art.15 III DSGVO.
Anspruch auf Datenkopie nach Art. 15 III DSGVO ist nach Ansicht des Gerichts eigenständiger Anspruch
Das Gericht sieht in Art.15 III DSGVO einen eigenständigen Anspruch der neben den Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 I DSGVO tritt.
In den Entscheidungsgründen des Urteils führt das Gericht zu dem konkreten Sachverhalt aus:
„…Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie der bei der Beklagten über ihn verarbeiteten personenbezogenen Daten aus Artikel 15 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden DS-GVO).
Gemäß Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO kann die von einer Datenerhebung betroffene Person von dem Verantwortlichen eine Auskunft über sie betreffende personenbezogene Daten im in Artikel 15 Abs. 1 DS-GVO bestimmten Umfang verlangen. Für die Gestaltung der Darstellung gilt das Transparenzgebot des Art. 12 Abs. 1 DS-GVO, wonach die Auskunft in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln ist (Kühling/Buchner/Bäcker, DSGVO BDSG, 3. Auflage 2020, Art. 15 DSGVO Rn. 32, beck-online; Kremer, CR 2018, 560, 561 Rn. 13, juris).
Darüber hinaus und in Erweiterung des bislang auf Auskunftserteilung beschränkten Anspruchs aus § 34 BDSG a.F. (Kremer, CR 2018, 560, 563, Rn. 29) gewährt Art. 15 Abs. 3 DS-GVO einen Anspruch auf Erteilung einer Kopie sämtlicher personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind. Art. 15 Abs. 3 DS-GVO gewährt einen selbstständigen Anspruch auf Erteilung einer Kopie der personenbezogenen Daten, die über eine Person verarbeitet werden. Dieser ergänzt den Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO und ist nicht mit diesem identisch.
Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht handelt es sich bei Art. 15 Abs. 3 DSGVO nicht um eine lediglich klarstellende Vorschrift zu Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, und mit dem Begriff der Kopie ist auch nicht die gemäß Absatz 1 zu erteilende Kopie gemeint (so aber Wybitul/Neu/Strauch, ZD 2018, 202, 203; Dausend, ZD 2019, 103, 106 f.; zum Streitstand ausführlich BeckOK-Datenschutzrecht/Schmidt-Wudy, 38. Edition Stand: 01.11.2021, Art. 15 DSGVO Rn. 85, beck-online; offen gelassen in OLG Köln, Urteil vom 26.07.2019, 20 U 75/18, Rn. 68, BeckRS 2019, 16261). Hiergegen spricht schon die Regelungssystematik des Art. 15 DS-GVO. Die Regelung der Kopie in einem eigenständigen Absatz 3 spricht dafür, dass mit der Norm nicht bloß eine Konkretisierung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO beabsichtigt ist (OLG München, Endurteil vom 04.10.2021, § U 2906/20 Rn. 20, BeckRS 2021, 29747; Kühling/Buchner/Bäcker, a.a.O., Art. 15 DS-GVO Rn. 39 m.w.N.). Nach dem Wortlaut der Norm soll der Verantwortliche zudem eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung stellen („a copy of the personal data undergoing processing“). Es deutet nichts darauf hin, dass der Verordnungsgeber mit der Verwendung des neuen Begriffs „Kopie“ bloß die Auskunft im Sinne des Art. 15 DS-GVO gemeint haben könnte. Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für einen eigenständigen Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der Rohfassung der verarbeiteten Daten, da der Betroffene nur so in die Lage versetzt wird, den Umfang und Inhalt der ihn betroffenen Daten beurteilen und mit der nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO erteilten Auskunft abgleichen zu können.
Ein solcher Anspruch steht dem Kläger gegen die Beklagte als Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO zu. Gemäß Art. 15 Abs. 3 S. 3 DS-GVO sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, da der Kläger seinen Antrag elektronisch gestellt hat.
Dieser Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB vollständig untergegangen. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 01.03.2021 vorgelegte Aufstellung enthält keine Kopien der Daten in der Rohfassung im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DS-GVO, sondern es handelt sich um eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Soweit die Beklagte Erfüllung durch Übersendung des Anlagenkonvoluts 1-14, wie es dem Schriftsatz des Klägers vom 29.05.2020 beigefügt war (Bl. 23-26 GA), geltend macht und behauptet, ansonsten keine Daten über den Kläger verarbeitet zu haben, ist dies vom Kläger in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten worden. Er hat zudem dargelegt, dass die Aufstellung nur die Stammdaten enthalte, offensichtlich aber nicht sämtliche über den Kläger erhobenen Daten, etwa interne Vermerke oder die geführte Korrespondenz. Diese Informationen fallen grundsätzlich ebenfalls unter die verarbeiteten Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, 4 Nr. 1 DS-GVO. Hierzu hat die Beklagte nicht weiter vorgetragen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Erfüllungseinwand obliegt jedoch der Beklagten. Einen Beweis für die Behauptung, sie habe sämtliche Auskünfte erteilt, hat sie nicht angeboten.
Damit liegt lediglich eine teilweise Erfüllung in Bezug auf die Unterlagen Bl. 23-36 GA vor. Bei diesen Dokumenten handelt es sich unstreitig um Kopien der von der Klägerin verarbeiteten Stammdaten. Diese muss die Beklagte im Rahmen der Erteilung der Kopie sämtlicher verarbeiteter Daten über den Kläger nicht erneut vorlegen. Insoweit war die Klage abzuweisen…“