Wettbewerbsrecht

LG Hamburg: Werbung für „Klimaneutrales Gas“ muss nicht als wesentliche Information nach § 5a UWG muss zu Kompensation zur Erreichung der Neutralität nicht den jeweiligen Anteil der CO2-Kompensation jedes einzelnen Projekts angegeben

Unter anderem so äußert sich das Gericht in seinem Urteil vom 25. Januar 2024 (Az.: 312 O 80/22) in einem Rechtsstreit bezogen auf konkrete Werbeaussagen zwischen einem Verbraucherschutzverband und einem Energieversorgungsunternehmen. Dieses hatte unter anderem in Werbedarstellungen mit folgender Angabe geworben:

„Klimaneutrales Gas – Klimaneutrales Gas basiert auf Erdgas. Die entstehenden CO2-Emissionen werden durch eine Reduktion von Emissionen an anderer Stelle durch die Förderung weltweiter Klima- und Umweltschutzprojekte kompensiert. […]“

Der klagende Verbraucherschutzverband sah mangels weiterer Informationen eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a UWG. Dieser Ansicht folgte das Gericht nicht und führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Eine solche weitgehende Aufklärungspflicht bezüglich der diskutierten Informationen (Art und Weise der Klimaneutralität, Kriterien der Zertifizierung, Anteil der Projekte) und damit ein Anspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 und 5a Abs. 2 UWG besteht nicht.

Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher eine unter Berücksichtigung aller Umstände wesentliche Information vorenthält, die er benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine Irreführung durch Unterlassen gem. § 5a UWG setzt die Verletzung einer Aufklärungspflicht voraus. Maßgebend für die Frage, ob eine Aufklärungs- oder Informationspflicht vorliegt, ist, inwieweit der angesprochene Verkehr auf die Mitteilung der Tatsache angewiesen und dem Unternehmer eine Aufklärung zumutbar ist (BGH GRUR 2018, 541 Rn. 38 – Knochenzement II; BGH GRUR 2021, 979 Rn. 13 – Testsiegel auf Produktabbildung).

Wesentlich ist eine Information nicht schon dann, wenn sie für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein kann, sondern nur dann, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die vom Verbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht zukommt. Letztendlich bestimmt sich die Wesentlichkeit einer Information also aus einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Falls heraus (BGH GRUR 2016, 1076 Ls. 2 u. Rn. 31 – LGA tested).

Eine Information die nach diesem Maßstab für wesentlich erachtet wird, kann auch dann gegeben sein, wenn sie keine der in § 5a Abs. 3 UWG aufgeführten Umstände betrifft. Im Einzelfall kann es geboten sein, weitere Umstände mitzuteilen, die für eine Beurteilung der Ware oder Dienstleistung von Bedeutung erscheinen (Begr. RegE BT-Drs. 16/10145, 26; BGH GRUR 2016, 1076 Rn. 48 – LGA tested).

Die streitgegenständliche Werbung richtet sich an den allgemeinen Verkehr. Maßgeblich ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der angesprochene Verkehrskreis nicht auf umweltbewusste Verbraucher zu verengen, die informierter und umweltsensibler sind als der allgemeine Durchschnittsverbraucher. Umweltbewusste Verbraucher lassen sich objektiv nicht wie z.B Fachkreise von dem allgemeinen Verkehr abgrenzen. Innerhalb eines einzigen Verkehrskreises scheidet eine gespaltene Verkehrsauffassung aus (BGH GRUR 2015, 587 Rn. 23 = WRP 2015, 732 – PINAR; BGH GRUR 2022, 160 Rn. 16 – Flying V). Das OLG Frankfurt hat etwa den Käufer eines Biomarkt-Käufer als allgemeinen Verbraucher angesehen und nicht etwa als speziellen Verkehrskreis.

Ausgehend von diesem Durchschnittsverbraucher stellt die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Unterstützung keine wesentliche Information dar.

Die Kammer geht mit dem OLG Frankfurt (GRUR 2023, S. 177, Rn. 31 – klimaneutral) davon aus, dass Einzelheiten der Zertifizierungsentscheidung nicht als wesentliche Informationen einzustufen sind. Selbst bei Annahme, der Verkehr informiere sich bei der Wahl seines Gasanbieters genauer, reichen die gegebenen Informationen aus. Denn neben den bereits erörterten vorhandenen Informationen sind die beiden genannten Projekte auch verlinkt (Anl. B2), so dass der interessierte Verbraucher insoweit weitere Informationen einholen kann. Darüber hinaus gehende Informationen sind nach Auffassung der Kammer nicht erforderlich…“

Hinweis des Autors:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht wird unter dem Az.: 5 U 11/24 geführt

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