Datenschutzrecht

LAG Niedersachsen: Enthält Betriebsvereinbarung Verzicht des Arbeitgebers aus Datenverwendung aus Kartenlesegeräten kann sich Arbeitnehmer darauf berufen

Enthält Betriebsvereinbarung Verzicht des Arbeitgebers aus Datenverwendung aus Kartenlesegeräten kann sich Arbeitnehmer darauf berufen – Unter anderem dies hat das LAG Niedersachsen in seinem Urteil vom 06.Juli 2022 (Az.: 8 Sa 1148/20) in einem Kündigungsschutzklageverfahren entschieden. Der Arbeitgeber hatte zur Begründung der Kündigung Daten aus Kartenlesegeräten verwendet, um den Kündigungsgrund des Arbeitszeitbetruges darzulegen und zu beweisen. Das Gericht sah die Verwendung dieser personenbezogenen Daten zur Begründung als unzulässig an.

Enthält Betriebsvereinbarung Verzicht des Arbeitgebers aus Datenverwendung aus Kartenlesegeräten kann sich Arbeitnehmer darauf berufen – Ansicht des Gerichts

Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Der Beklagten ist es verwehrt, Daten, die sie mit Hilfe der elektronischen Anwesenheitserfassung durch Betrieb von Kartenlesern gewonnen hat, in das Verfahren einzuführen.

Die Beklagte hat mit ihrem Betriebsrat für den Betrieb H. am 17.10.2007 eine ab dem 01.01.2008 gültige und bis heute in Kraft befindliche Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Regelungsgegenstand ist die Einführung einer elektronischen Anwesenheitserfassung in Gestalt eines sog. „elektronischen Hakens“, der der frühzeitigen Information der betrieblichen Vorgesetzten über die Anwesenheit dienen soll. Weiter ist geregelt, dass die Anwesenheitserfassung durch Kartenleser an den Werkstoren erfolgt. Im dritten Absatz enthält die Betriebsvereinbarung die ausdrückliche und klare Regelung, dass keine personenbezogene Auswertung von Daten erfolgt. Da offenkundig eine „personenbezogene Auswertung“ nach dem Inhalt der Betriebsvereinbarung insofern geschieht, als die betrieblichen Vorgesetzten den durch die Zutrittserfassung gesetzten elektronischen Haken zur Kenntnis nehmen können und sollen, ist diese Regelung derart auszulegen, dass eine personenbezogene Auswertung über diese Kenntnisnahme hinaus nicht erfolgen darf. Diese Regelung in der Betriebsvereinbarung gilt unmittelbar und zwingend (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) und soll den betroffenen Arbeitnehmern, wie ihre Auslegung durch das erkennende Gericht ergibt, eigene Rechte einräumen.

Der Kläger beruft sich vorliegend auch ausdrücklich darauf, dass die Verwertung der durch das Kartenlesegerät über ihn gewonnenen Daten unzulässig sei. Die Beklagte muss sich an die Regelungen in der Betriebsvereinbarung dem Kläger gegenüber gebunden halten. Dies gilt selbst für den Fall, dass, wie die Beklagte behauptet, das örtlich und sachlich zuständige Betriebsratsgremium der Verwertung der durch die Kartenlesegeräte gewonnenen Erkenntnisse über die Bewegungen des Klägers nachträglich zugestimmt haben sollte. Eine rückwirkende Beseitigung der dem Kläger durch die Betriebsvereinbarung eingeräumten Rechte ist nicht möglich, da der Kläger insoweit Vertrauensschutz genießt. Mindestens hat die Beklagte den Kläger durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung „in Sicherheit gewiegt“, so dass eine „berechtigte Privatheitserwartung“ des Klägers bestand und daraus folgend im vorliegenden Verfahren ein Verbot der Verwertung der durch die Kartenlesegeräte gewonnenen Daten besteht (vgl. hierzu auch die Erwägungen in BAG 23. August 2018 – 2 AZR 133/18 –, BAGE 163, 239; BAG 28. März 2019 – 8 AZR 421/17 –, NZA 2019, 1212)…“

Hinweis:

Am gleichen Tag gab es in zwei Parallelverfahren zwei gleichlaufende Entscheidungen:

LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.Juli 2022 (Az.: 8 Sa 1149/20)

LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.Juli 2022 (Az.: 8 Sa 1149/20)

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