Urheberrecht

OLG Hamm: Erstellung & Veröffentlichung von Fotos von Kunstwerken auf Berghalden unter Nutzung einer Drohne sind nicht von der Panoramafreiheit gedeckt

So das Gericht in seinem Urteil vom 27. April 2023 (Az.: 4 U 247/21) zu entsprechend geltend gemachten Unterlassungsansprüchen und Folgeansprüchen. Gegen die Entscheidung wurde Rechtsmittel zum BGH eingelegt. Unter Bezugnahme auf die Grundsatzentscheidung des BGH mit der Bezeichnung „AIDA Kussmund“ (Urteil vom 27.04.2017, Az.: I ZR 247/15) führen die Richter in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die streitgegenständlichen Kunstwerke befinden sich „an“ öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, weil entweder die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, selbst öffentlich zugänglich sind oder die Kunstwerke von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus, die sich in der Umgebung der Bergehalden befinden, wahrgenommen werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass die Kunstwerke aus jedweder Perspektive abgelichtet werden dürfen. Von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasst sind nach den oben wiedergegebenen Ausführungen des Bundesgerichtshofs, denen sich der erkennende Senat vollumfänglich anschließt,

Die hier streitgegenständlichen Aufnahmen sind unstreitig mittels einer Drohne aus dem Luftraum heraus aufgenommen worden. Die Perspektive aus dem Luftraum heraus ist indes keine Perspektive „von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ (ebenso Dreier in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 7. Aufl. [2022], § 59 Rdnr. 4; Grübler in: BeckOK Urheberrecht, 37. Edition, § 59 Rdnr. 6; Fischer, MMR 2021, 267, 268). Auch wenn der Begriff der „öffentlichen Wege, Straßen oder Plätze“ lediglich beispielhaft und nicht abschließend ist, lässt sich der Luftraum auch bei wohlwollender Auslegung nicht in diese Aufzählung einreihen, auch wenn die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge nach § 1 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) vorbehaltlich besonderer Rechtsvorschriften grundsätzlich frei ist. Die Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG betrifft von vornherein nur diejenigen Perspektiven, die sich den Augen eines Menschen von allgemein zugänglichen Orten aus bieten. Erfasst sind hierbei bei sinnvoller und auch die berechtigten Interessen der Urheber und Nutzungsberechtigten im Blick behaltender Auslegung der hier in Rede stehenden Schrankenregelung allein Orte und Einrichtungen, die einen Teil der Erdoberfläche bilden oder mit der Erdoberfläche zumindest dauerhaft und fest verbunden sind; hierzu mögen neben öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen auch öffentlich zugängliche Wasserflächen oder öffentlich zugängliche Aussichtstürme oder Aussichtsplattformen gehören, nicht hingegen der Luftraum, den der Mensch allein mit seinen naturgegebenen Fortbewegungsmöglichkeiten „Laufen“, „Klettern“ und gegebenenfalls noch „Schwimmen“ grundsätzlich nicht erreichen kann und in dem er sich ausschließlich mittels besonderer Hilfs- und Fortbewegungsmittel (z.B. als Passagier eines Flugzeugs oder eines Ballons oder mit einem Fallschirm) aufzuhalten und zu bewegen vermag. Dementsprechend ist es für die im vorliegenden Rechtsstreit zu treffende Entscheidung von vornherein ohne Belang, dass die streitgegenständlichen Luftbildaufnahmen – möglicherweise – auch von einem Menschen selbst aus einem Luftfahrzeug (z.B. einem Ballon oder einem Ultraleichtflugzeug) heraus hätten erstellt werden können.

Die hier vertretene Auffassung steht auch im Einklang mit den oben wiedergegebenen Ausführungen des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung „AIDA Kussmund“: Dort hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich Bilder, die mittels einer Leiter – also im Ergebnis aus dem Luftraum heraus – aufgenommen werden, als nicht von der Schrankenregelung in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG umfasst angesehen; dies muss dann auch erst recht für Bildaufnahmen, die mittels einer Drohne aus dem Luftraum heraus angefertigt werden, gelten.

Das Unionsrecht gebietet keine andere Auslegung des § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG (a.A. LG Frankfurt, Urteil vom 25.11.2020 – 2-06 O 136/20 –, juris). Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 lit. h) der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft führt für die hier zu beantwortende Frage letztlich zu keinem Erkenntnisgewinn (so auch Fischer, MMR 2021, 267, 268). Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG gebietet vielmehr zur Wahrung der berechtigten Interessen des Rechteinhabers eine eher behutsame Auslegung der Schrankenregelungen in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie (vgl. Hansen, IPRB 2021, 58, 59).

c) Dass die hier streitgegenständlichen Aufnahmen mit den darin dargestellten Ansichten und Perspektiven der abgebildeten Kunstwerke – hypothetisch – auch von „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ in dem vorstehend dargestellten Sinne aus hätten angefertigt werden können, hat die insofern darlegungsbelastete Beklagte, worauf auch bereits das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils hingewiesen hat, nicht substantiiert dargelegt. Die Beklagte hat keine konkreten Orte benannt, von denen aus ansichts- und perspektivgleiche Aufnahmen der streitgegenständlichen Kunstwerke (und sei es mittels eines Teleobjektivs) hätten angefertigt werden können…“

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