BGH: kein Urheberrechtsschutz für Sandalen von Birkenstock-kein Werk der angewandten Kunst nach § 2 I Nr.4 UrhG, da keine Ausschöpfung des künstlerischen Gestaltungsspielraums bei Gestaltung der Produkte (Update)

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So das Gericht in seinem Urteilen vom 20. Februar 2025 (Az.: I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24). Das Gericht hatte sich in allen Verfahren mit verschiedenen Sachverhaltsgestaltungen zu beschäftigen, in den Ansprüche auf der Basis des Urheberrechts geltend gemacht wurden, die das Angebot und Vertrieb von Sandalenmodellen betraf, die den Birkenstock-Produkten zu ähnlich waren oder gar identisch. In der Entscheidung zu dem Az.: I ZR 16/24 führt das Gericht zur Schutzfähigkeit bzw. deren Fehlen unter anderem aus:

„…Soweit das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats schließlich darauf verweist, dass der urheberrechtliche Schutz eines Werks der angewandten Kunst in Form eines Gebrauchsgegenstands zwar kein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung voraussetzt, gleichwohl aber – wie für alle anderen Werkarten auch – eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe zu fordern ist (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2024, 132 [juris Rn. 22] – USM Haller, mwN), wird damit allein dem quantitativen Aspekt des unionsrechtlichen Originalitätskriteriums Rechnung getragen, das voraussetzt, dass ein Grad an Gestaltungshöhe erreicht wird, der Individualität überhaupt erkennen lässt (vgl. Loewenheim/Leistner in Schricker/Loewenheim aaO § 2 UrhG Rn. 51 f.). Das rein handwerkliche Schaffen unter Verwendung formaler Gestaltungselemente ist dem Urheberrechtsschutz nicht zugänglich (BGH, Urteil vom 16. April 2015 – I ZR 225/12, GRUR 2015, 1189 [juris Rn. 44] = WRP 2015, 1507 – Goldrapper). Anders als beim Design genügen Unterschiedlichkeit und Abstand zum Formenschatz für sich genommen für einen urheberrechtlichen Schutz nicht (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1185 [juris Rn. 50] – Cofemel). Einen besonderen ästhetischen Gehalt hat das Berufungsgericht damit nicht gefordert, sondern es hat im Gegenteil zu Recht darauf verwiesen, dass Ästhetik allein kein geeignetes Abgrenzungskriterium ist (vgl. EuGH, GRUR 2019, 1185 [juris Rn. 53 f.] – Cofemel; BGHZ 199, 52 [juris Rn. 41] – Geburtstagszug; BGH, GRUR 2021, 1290 [juris Rn. 57] – Zugangsrecht des Architekten; GRUR 2022, 899 [juris Rn. 28] – Porsche 911; GRUR 2023, 571 [juris Rn. 13] – Vitrinenleuchte; GRUR 2024, 386 [juris Rn. 24] – E2; GRUR 2024, 132 [juris Rn. 47] – USM Haller). In diesem Zusammenhang ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht verlangt hat, dass bei Gebrauchsgegenständen exakter als bei reinen Kunstwerken in den Blick genommen werden muss, inwieweit der Gebrauchsgegenstand über seine von der Funktion vorgegebene Form hinaus künstlerisch gestaltet ist. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2024, 132 [juris Rn. 36 und 47] – USM Haller). Das Berufungsgericht hat dabei gerade nicht aus dem Blick verloren, dass technisch bedingte Gestaltungen einen kreativen Spielraum nicht ausschließen (EuGH, GRUR 2019, 1185 [juris Rn. 31] – Cofemel; GRUR 2020, 736 [juris Rn. 26 f.] – Brompton Bicycle). Dafür, dass das Berufungsgericht – wie die Revision geltend macht – im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache mehr als die freie kreative Entscheidung, die im Werk zum Ausdruck gebracht wird, gefordert und seiner Beurteilung damit einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt hat, ist nichts ersichtlich…“