Zum Inhalt springen

OLG Frankfurt a.M.: Fehlende Angabe WLTP-Werten zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen CO2-Emissionen in Videos in YouTube-Kanal war nach alter Pkw-EnVKV als auch neuer Pkw-EnVKV ein Verstoß gegen das UWG

Und zwar gegen §§ 5a,5b IV UWG wie das Gericht unter anderem in seinem Urteil vom 7. November 2024 (Az.: 6 U 141/22) im Rahmen eines Rechtsstreits eines qualifizierten Verbraucherverbandes gegen einen Automobilhersteller entschieden hat. Neben Vertragsstrafeansprüchen aus Unterlassungserklärung von Händlerkunden des beklagten Unternehmens, die das streitgegenständliche Video ebenfalls nutzen, war auch ein Unterlassungsanspruch streitig. Die Richter sahen hier den Anspruch als gegeben an und führen in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Allerdings sieht Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie nur für „Werbeschriften“ vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese Schriften die offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte der betreffenden Personenkraftwagenmodelle gemäß Anhang IV enthalten („Werbeschriften“ sind nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 9 RL 1999/94/EG alle Druckschriften, die für den Vertrieb von Fahrzeugen und zur Werbung in der Öffentlichkeit verwendet werden; dazu gehören mindestens technische Anleitungen, Broschüren, Anzeigen in Zeitungen, Magazinen und Fachzeitschriften sowie Plakate). Für „anderes Werbematerial“ als die in Art. 6 Abs. 1 genannten Werbeschriften sieht Art. 6 Abs. 2 RL 1999/94/EG nur vor, dass die Mitgliedstaaten „gegebenenfalls“ dafür Sorge tragen, dass dieses eine Angabe der offiziellen CO2-Emissionswerte und der offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte des betreffenden Personenkraftwagenmodells beinhaltet (vgl. auch Erwägungsgrund 11). Damit geht keine verbindliche Richtlinienvorgabe einher, wie sie § 5b Abs. 4 UWG nF/§ 5a Abs. 4 UWG aF voraussetzen könnte (vgl. insoweit OLG Köln, Urteil vom 19.05.2017 – I- 6 U 155/16, juris Rn. 14 – Facebook-Posting; siehe insofern aber BGH, Versäumnisurteil vom 19.05.2022 – I ZR 69/21, GRUR 2022, 1163 Rn. 56 – Grundpreisangabe im Internet, GRUR 2018, 1258 Rn. 3 i.V.m. Rn. 31 f. – YouTube-Werbekanal II; OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2022, 507 Rn. 23 [juris Rn. 26] – Gatefolder).

(2) Nach zutreffender Auffassung der Beklagten ergibt sich die Wesentlichkeit der vom Kläger als fehlend beanstandeten Angaben auch schon deswegen nicht aus § 5b Abs. 1 UWG nF/§ 5a Abs. 3 UWG aF, weil im streitgegenständlichen Videofilm für das beworbene Fahrzeugmodell kein Preis genannt worden ist.

(3) Dass es sich um wesentliche Informationen handelt, folgt jedoch zumindest daraus, dass der deutsche Gesetzgeber entsprechend der Empfehlung der Kommission (Anlage BK5, GA 95 ff.) von der in der Richtlinie 1999/94/EG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Pflicht zur Angabe des offiziellen Kraftstoffverbrauchs und der offiziellen spezifischen CO2-Emissionen in § 5 Abs. 2 Pkw-EnVKV aF/nF (mit den oben angesprochenen Ausnahmen) auf in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial (Satz 1 Nr. 1), Werbung durch elektronische, magnetische oder optische Speichermedien (Satz 1 Nr. 2) und – seit Inkrafttreten der Pkw-EnVKV nF – nunmehr ausdrücklich auch auf im Internet (einschließlich Werbung in sozialen Medien und Online-Videoportalen) verbreitetes Werbematerial (Satz 1 Nr. 3) zu erstrecken. Für eine Differenzierung zwischen der durch die Richtlinie 1999/94/EG vorgegebenen Angaben in Werbeschriften und in anderem Werbematerial hat insoweit auch im Anwendungsbereich der Pkw-EnVKV aF kein sachlicher Grund bestanden. Der Aufklärungsbedarf der Verbraucher hängt nicht von der Werbeform ab (vgl. auch bereits BGH, GRUR 2018, 1258 Rn. 44 f. – YouTube-Werbekanal II).

ee) Der Verbraucher benötigte die Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen CO2-Emissionen auch im Sinne von § 5a Abs. 1 Nr. 1 UWG nF, um beim Neuwagenkauf eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Wie oben bereits dargetan wurde, können genaue, zweckdienliche und vergleichbare Informationen über diese Werte die Kaufentscheidung der Verbraucher zu Gunsten sparsamerer, CO2-reduzierter Fahrzeuge beeinflussen (vgl. auch BGH, GRUR 2018, 1258 Rn. 3 i.V.m. Rn. 46 – YouTube-Werbekanal II). Auch kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher die unterbliebenen Angaben benötigt. Den Unternehmer, der geltend macht, dass – abweichend vom Regelfall – der Verbraucher eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen könne, trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast. (vgl. z.B. BGH, EuGH-Vorlage vom 27.07.2023 – I ZR 65/22, WRP 2023, 1078 Rn. 33 mwN – Doppeltarifzähler). Soweit die Beklagte insofern der Auffassung ist, die Verbraucher bräuchten die Angaben nicht für eine informierte Entscheidung, sie würden durch die gegenüber dem WLTP-Verfahren besseren NEFZ-Werte getäuscht, ist dies nach der hier vertretenen Auffassung schon deshalb unerheblich, weil von einer Pflicht zur Angabe allein von WLTP-Werten ausgegangen wird. Dass der Verbraucher die im WLTP ermittelten Angaben nicht für eine informierte Entscheidung benötigte, ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich…“

Cookie Consent mit Real Cookie Banner