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LG München I: Ängste vor einem Zugriff ausländischer Behörden auf personenbezogene Daten sind kein Grund für einen datenschutzrechtlichen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO, sofern die Ängste abstrakt sind

So unter anderem entscheiden durch das Gericht mit Endurteil vom 27. August 2025 (Az.: 33 O 635/25) in einem Rechtsstreit rund um verschiedene Ansprüche, die gegen ein Unternehmen geltend gemacht wurden, dass verschiedene Social Media Anwendungen betreibt. Bei einer Anwendung hatte der Kläger ein Account auf seine Person registriert. Der geltend gemachte Anspruch nach Art. 82 DSGVO wurde durch das Gericht abgewiesen, da der Anspruch nicht korrekt dargelegt wurde. Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Es handelt sich nach Einschätzung des Gerichts zunächst einmal um ein abstraktes Risiko, allzumal ein konkreter Schaden (etwa gegen ihn bisher eingeleitete Maßnahmen der US-Behörden) vom Kläger nicht angegeben wurde. Hierauf gleich mit körperlichen Beschwerden wie Schlaflosigkeit zu reagieren, erscheint dem Gericht zumindest sehr ungewöhnlich.

Letztlich scheidet ein Schaden des Klägers, die vom Kläger genannten Beeinträchtigungen für einmal als zutreffend unterstellt, aber an der fehlenden Kausalität der Datenübertragung seitens der Beklagten in die USA hierfür: Es kann zwar ohne weiteres Medienberichten entnommen werden, dass die USA seit Amtseinführung der Trump II-Adminstration eine verschärfte Politik gegenüber Einwanderern (darunter auch Einwanderern, die über legale Kanäle ins Land kommen wollen wie z.B. für Studien- oder Forschungsaufenthalte) ergriffen haben. Des Weiteren ist auch zutreffend, dass die US-amerikanischen Grenzbehörden nach Medienberichten ein verschärftes Vorgehen gegenüber Personen, die (auch nur kurzfristig) in die USA einreisen wollen, an den Tag legen. Hier sollen nach Medienberichten auch in sozialen Medien gepostete Inhalte von Relevanz sein. Allerdings ist dieses Vorgehen unabhängig vom Datenübertrag seitens der Beklagten in die USA. Es ist schlichtweg eine Folge einer massiv geänderten Politik der USA gegenüber Einwanderern und sonstigen Ausländern. Für dieses Vorgehen spielt jedoch der Datenübertrag in die USA keine Rolle. Selbst wenn die Beklagte einen solchen Datenübertrag nicht vornehmen sollte, könnten sich die US-amerikanischen Behörden die geposteten Inhalte anzeigen lassen, etwa in dem sie selber F.-Profile unterhalten oder Einwanderungs – sowie Einreisewillige dazu zwingen, ihnen den Zugang zu Profilen in den sozialen Medien zu eröffnen. Letzteres ist nach Medienberichten bereits vorgekommen und völlig unabhängig vom Speicherort der F.-Kommunikation des Klägers. Das Gericht kann zwar ohne weiteres nachfühlen, dass dies insbesondere für Personen, die sich zur Zeit für eine Reise in die USA bzw. einen Aufenthalt dort interessieren (wie vom Kläger angegeben) sehr unangenehm und bedrohlich ist. Dies ist aber eine Folge der politischen Entwicklung in den USA, nicht des Speicherorts der Daten. Hinzu tritt, dass – sollte der Kläger tatsächlich eine solche Vorstellung gehabt haben – es schon immer eine unrealistische Annahme war, dass Dritte auf die von der Beklagten gespeicherten Daten ihrer Nutzer nie zugreifen könnten. Ein solcher Zugriff war schon lange und auch in Deutschland nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen möglich, etwa für Staatsanwaltschaften und Gerichte im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen nach der StPO und für den Verfassungsschutz nach den für die jeweilige Behörde geltenden Vorschriften. Ähnliche Möglichkeiten bestehen, wie von den Parteien dargelegt, für die US-amerikanischen Dienste. Und auch die anderen EU-Staaten werden im Rahmen vergleichbarer Regeln wie der deutschen auf bei F. vorhandene Daten zugreifen können – rechtlich ist das unabhängig vom Speicherort. Neu ist insoweit allenfalls die Bereitschaft US-amerikanischer Behörden und Dienste, hiervon massiv Gebrauch zu machen (und hierbei bestehende gesetzliche Schranken sehr eng zu sehen bzw. die Befugnisse sehr weit) und die gewonnenen Erkenntnisse dann auch zum Zwecke politischer Differenzierung auch hinsichtlich von Äußerungen zu verwenden, die auch nach dem US-Recht ohne weiteres zulässig wären. Auch diese geänderte Politik der US-Behörden ist aber eine Folge der allgemein geänderten politischen Verhältnisse in den USA, nicht aber des Speicherorts der Daten der Beklagten…“

Hinweis des Autors:

Dem Autor ist zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt worden ist.

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