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KG Berlin: Werbung mit Angaben zum Behandlungsverfahren „Osteopathie“ erfordert weiterhin Darlegung und Beweis der therapeutischen Wirksamkeit der Behandlung; Ansonsten liegt ein Verstoß gegen § 3a UWG i.V.m. § 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 HWG vor

So das Gericht in seinem Urteil vom 3. Dezember 2024 (Az.: 5 U 9/24) in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eines qualifizierten Wirtschaftsverbandes gegen einen Anbieter des Behandlungsverfahrens, der zahlreiche Angaben verwendet hatte. Das Gericht führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:

„..Der Verfügungskläger hat auch durch die weiter eingereichten Unterlagen nicht den Nachweis erbracht, dass den beworbenen osteopathischen Behandlungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jegliche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse fehlen. Die Anlagen A 9 bis A 12 betreffen Veröffentlichungen aus der Zeit vor der Einschätzung der Bundesärztekammer (Anlage A 13); soweit sich aus diesen überhaupt ergibt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse für die Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen gänzlich fehlen, ist diese Beurteilung jedenfalls durch die Anlage A 13 wiederlegt. Die Anlagen A 14 und 15 nehmen dagegen lediglich auf die Beurteilung der Bundesärztekammer Bezug bzw. bestätigen diese. Die als Anlagen A 7 und A 8 eingereichten Auszüge der Internetseite von Wikipedia sowie der als Anlage A 17 eingereichte Artikel in einer deutschen Wochenzeitung sind – wie auch die von dem Verfügungskläger im Berufungsverfahren eingereichten Artikel, die zudem keinen ausreichenden Bezug zur Osteopathie aufweisen – zur fachlichen Beurteilung der hier in Streit stehenden Frage schon nicht geeignet (vgl. dazu auch OLG Frankfurt, Urteil vom 21. Juni 2018 – 6 U 74/17, GRUR-RR 2018, 483 [juris Rn. 74 und 83]); die Anlage A 16 belegt dagegen allein die wissenschaftliche Umstrittenheit (dazu sogleich).

(2) Entgegen der Beurteilung des Landgerichts hat der Verfügungskläger allerdings dargelegt und mit der Anlage A 13 ausreichend belegt, dass die therapeutische Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen – auch weiterhin – fachlich umstritten ist; diesem Vortrag ist die Verfügungsbeklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Dies hat eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (bzw. Glaubhaftmachungslast) zur Folge, da die Verfügungsbeklagte die mit der beanstandeten Werbung getroffenen Aussagen nicht durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis auf die Gegenmeinung abgeschwächt hatte (vgl. dazu etwa BGH, Beschluss vom 8. Mai 2013 – I ZR 94/09, GRUR-RR 2013, 496 [juris Rn. 3] – Elektromagnetisches Wechselfeld; Senat, Urteil vom 19. Juni 2015 – 5 U 120/13, WRP 2016, 389 [juris Rn. 82]). Eine therapeutische Wirksamkeit der beworbenen Behandlungen hat die Verfügungsbeklagten jedoch nicht glaubhaft gemacht.

(a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist mit der Bekanntmachung der Bundesärztekammer vom 28. August 2009 (Anlage A 13) jedenfalls nachgewiesen, dass die therapeutische Wirksamkeit einer osteopathischen Behandlung allgemein fachlich umstritten ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juni 2015 – 5 U 120/13, WRP 2016, 389 [juris Rn. 67]; vgl. auch Urteil vom 22. Februar 2017 – 5 U 139/16, MD 2017, 488 [juris Rn. 11]). Dieser Rechtsprechung liegt zugrunde, dass auch die Bundesärztekammer bei der im Jahr 2009 vorgenommenen Beurteilung nicht von einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis der therapeutischen Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen im Allgemeinen ausgegangen ist. Lediglich für bestimmte Gesundheitsstörungen sei in verschiedenen Studien und Metaanalysen eine Wirksamkeit überhaupt belegt worden. Dies bedeutet zugleich, dass in anderen Studien und Metaanalysen weder allgemein noch für bestimmte Gesundheitsstörungen ein solcher Nachweis erbracht werden konnte. Die Bundesärztekammer stellt daher grundsätzlich fest, dass einigermaßen zuverlässige Aussagen zur Wirksamkeit/Effektivität osteopathischer Behandlungen nur zu wenigen Erkrankungsbildern vorlägen. Daraus sei insgesamt zu folgern, dass für die Anwendung bestimmter osteopathischer Techniken – hauptsächlich im Bereich der „parietalen Osteopathie“ und in geringem Maß im Bereich der „viszeralen Osteopathie“ – allenfalls Hinweise für die Wirksamkeit nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin vorlägen (vgl. Deutsches Ärzteblatt 2009, A 2332; Anlage A 13); eine Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen ist damit weder sicher wissenschaftlich belegt noch widerlegt. Unter Berücksichtigung dieser fachlichen Einschätzung der Bundesärztekammer nimmt auch das OLG Celle an, dass – auf der Grundlage der im dortigen Verfahren vorgelegten Unterlagen – in der wissenschaftlichen Diskussion eine therapeutische Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen bestritten ist und auch durch die Bekanntmachung der Bundesärztekammer – trotz der aufgeführten Hinweise – nicht belegt wird (vgl. OLG Celle, Urteil vom 31. Juli 2018 – 13 U 26/18, GRUR-RR 2019, 87 [juris Rn. 27]; vgl. auch LG Hildesheim, Urteil vom 22. Mai 2020 – 11 O 1/20, MD 2021, 384 [juris Rn. 45])…“

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